Das Leben der Gruben­haus­be­wohner

Das mittelalterliche Grubenhaus ist fertig gedeckt und verputzt. Foto: Landkreis Helmstedt
Das mittelalterliche Grubenhaus ist fertig gedeckt und verputzt. Foto: Landkreis Helmstedt

Am 27. September 2015 öffnet das mittel­al­ter­liche Gruben­haus am Petersteich im Landkreis Helmstedt. Ein einma­liger Origi­nal­nachbau, der das Leben und das Handwerk vor rund 1000 Jahren eindrucks­voll wider­spie­gelt.

Karl der Große. Otto I., Heinrich der Löwe. und natürlich Lothar III. Egal, welchen früheren deutschen Kaiser, König oder Herzog man aufzählt: Über das Leben der Herrscher des Mittel­al­ters haben Histo­riker viel publi­ziert und Kuratoren viel in Museen zur Schau gestellt. Wie der Alltag des einfachen Volkes aber vor rund 1000 Jahren aussah, darüber können sich die Nachfahren erst in Kürze ein genaues Bild machen. Im Rahmen einer Festver­an­stal­tung wird am 27. September 2015 das mittel­al­ter­liche Gruben­haus am Petersteich bei Süpplin­gen­burg (Landkreis Helmstedt) eröffnet. Ein gelun­gener Nachbau eines damaligen Wohn- und Handwer­ker­hauses, wie er so nur einmal in Deutsch­land zu finden ist.

Das knapp 16 Quadrat­meter große Haus mit Reetdach steht mit Unter­stüt­zung der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz und der Braun­schwei­gi­schen Stiftung jetzt wieder am origi­nalen Standort, exakt dort, wo bei archäo­lo­gi­schen Ausgra­bungen 2002/03 eine größere mittel­al­ter­liche Siedlung zu Tage kam. Als Gruben­haus wird es bezeichnet, weil der Fußboden des Hauses, übrigens wie bei fast allen Häusern der vorge­fun­denen Ansied­lung, rund einen Meter in den Boden gegraben wurde. Fast wie bei einem modernen Hochbett schlief die Familie auf einem Zwischen­boden. Dort waren auch, gut geschützt vor Tieren und Witterung, die Vorräte platziert.

Auf dem Fußboden ging es hauswirt­schaft­lich zu. „Vorge­fun­dene Webge­wichte, Spinn­wirtel, Scheren und Nadeln belegen, dass die Bewohner des altes Dorfes neben der schweren Arbeit auf den Feldern des Herren­hofes vor allem mit dem Herstellen von Textilien beschäf­tigt waren“, erzählt Helmstedts Kreis­ar­chäo­login Dr. Monika Bernatzky. Die Projekt­lei­terin des Gruben­hauses weiß: „Fleißige Frauen­hände müssen in jeder freien Minute Garn gesponnen sowie Stoffe und Bänder für den eigenen und den herrschaft­li­chen Bedarf gewebt haben.“

Mit großer Lernbe­reit­schaft und Freude am Umgang mit Materia­lien wie Holz und Lehm trieben die Mitglieder der archäo­lo­gi­schen Arbeits­ge­mein­schaft seit 2013 den möglichst origi­nalen Wieder­aufbau voran. Und das ehren­amt­lich. Nachdem Dach und Grund­ge­rüst standen, brachten die Helfer bis in den Herbst 2014 damit zu, die Wände von außen mit Lehm auszu­fa­chen. Der letzten Putzschicht wurde wie im Mittel­alter etwas Kuhdung beigemischt. „Wahrschein­lich werden wir im Frühjahr nach den Winter­stürmen und Nieder­schlägen Ausbes­se­rungs­ar­beiten vornehmen müssen“, glaubt Dr. Bernatzky und fügt hinzu: „Eben genau so wie die Bewohner im Mittel­alter.“

Aber auch die Innen­aus­stat­tung soll möglichst origi­nal­ge­treu wieder­her­ge­stellt werden. Ein Freiwil­li­gen­team beschäf­tigt sich mit dem Bau eines Gewichts­web­stuhls, der senkrecht an einer Hauswand aufge­stellt werden soll. Die dafür notwen­digen Webge­wichte sind bereits getöpfert.

„Bereits jetzt erweist sich der Nachbau des Gruben­hauses als Anzie­hungs­punkt für zahlreiche Besucher­gruppen aus der Region“, so Dr. Bernatzky. So kamen bei der Aktion Sattel­fest, ein von der Allianz für die Region organi­siertes Fahrrad-Event, Anfang Juli etwa 120 Besucher, um etwas über die Welt der mittel­al­ter­li­chen Handwerker und Landar­beiter zu erfahren.

Ende September 2015 wird das Gruben­haus und das angren­zende Wiesen­ge­lände erstmalig für Vorfüh­rungen und Mitmach­ak­tionen zum mittel­al­ter­li­chen Handwerk genutzt. „Dort soll sich ein Ort entwi­ckeln, an dem Jung und Alt einen leben­digen Eindruck von den mittel­al­ter­li­chen Lebens­be­din­gungen im Land des Kaisers Lothar zwischen Elm und Dorm gewinnen können“, erklärt Dr. Bernatzky.

Termin

Eröff­nungs­feier Gruben­haus am Petersteich: 27. September, 14 bis 18 Uhr

Kontakt

Kreis­ar­chäo­logie Helmstedt
Dr. Monika Bernatzky
Tel: 0 53 51 / 121 – 22 05
monika.bernatzky@landkreis-helmstedt.de

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