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Kreative Geschichten aus der Gemäldegalerie

Zertifizierte Moderatoren stellen der TimeSlips-Gruppe offene Fragen. Foto: Klaus G. Kohn
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„TimeSlips und Biografiearbeit“ ist ein kulturelles Angebot für demenzerkrankte und geistig beeinträchtigte Menschen im Herzog Anton Ulrich-Museum.

Das seit rund fünf Jahren erfolgreich umgesetzte Sozialprojekt „TimeSlips und Biografiearbeit“ im Herzog Anton Ulrich-Museum wird von Heilpädagogin Regina Schultz aktuell in einem Fachbuch für unter anderem Kulturvermittler, Studierende oder Lehrende, die sich für die Inklusion von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung engagieren, aufgearbeitet. Dabei werden Projektgeschichte und Wirkweise geschildert. „Ich wünsche mir Nachahmer und möchte mit dem Buch andere motivieren, sich auch an das Konzept ‚TimeSlips‘ zu wagen“. Es hat sich gezeigt, wieviel Potential darin für die betroffenen Menschen steckt. Aber noch immer ist unser Projekt, das einzige in Deutschland, das sich im musealen Bereich bewegt. „Das sollte sich ändern“, erläutert Regina Schultz ihr mit der Veröffentlichung des Buches verknüpftes Anliegen.

Gemeinsam mit der der Sozialpädagogin Simone Weiss hatte sie das aus den USA von Anne Basting im Jahr 1998 entwickelte Konzept in Braunschweig erstmals umgesetzt. Ziel dabei ist es, demenzerkrankte oder geistig beeinträchtigte Menschen zu aktivieren und ihnen kulturelle Teilhabe zu ermöglichen. Die beiden unterschiedlichen Gruppen treffen sich getrennt voneinander zum kreativen Geschichtenerfinden in der Gemäldegalerie des HAUM.

Finanzierungslücke offen

Unterstützt wird das Projekt aktuell unter anderem von der Erich Mundstock Stiftung sowie dem Förderverein der Evangelischen Stiftung Neuerkerode als auch erstmalig dem Kulturinstitut Stadt Braunschweig. Regelmäßig fördern auch die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz, die Stiftung Landessparkasse Braunschweig und die Bürgerstiftung Braunschweig. Für den Projektzeitraum 2022/23 existiert jedoch noch eine Finanzierungslücke.

Regina Schultz (rechts) verfolgt die Gespräche einer Gruppe. Screenshot: Der Löwe

Regina Schultz (rechts) verfolgt die Gespräche einer Gruppe. Screenshot: Der Löwe

In diesem Jahr plant Regina Schultz mit dem Herzog Anton Ulrich-Museum ein neues Projekt in Kooperation mit der Hochschule für Bildende Künste. Es soll den Titel „Herzog Anton Ulrich – Inklusiv. MEIN Lieblingsbild“ tragen, bei dem die Teilnehmer Besuchern ihre Favoriten vorstellen. „Menschen mit geistiger Beeinträchtigung haben ihre eigene Sehweise auf die Bilder. Bei dem Projekt erhalten alle die Möglichkeit, diese mit ihnen zu teilen. Das ist interessant und macht Spaß“, sagt Regina Schultz.

Erfahrungen, Erinnerungen und Fantasien wachrufen

Unter der Leitung von Simone Weiss findet wöchentlich ein Angebot für Menschen mit Demenz statt. Das Angebot für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung von Regina Schultz gibt es alle zwei Wochen. Die demenzerkrankten Teilnehmenden kommen aktuell von Ambet, die geistig behinderten Teilnehmenden kommen von der Evangelischen Stiftung Neuerkerode. Das inklusive Bildungsprojekt steht allen Menschen mit leichten bis mittelgradigen Beeinträchtigungen offen.

Im Rahmen des Projekts hat Regina Schultz die Nutzung von „TimeSlips“ für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung im öffentlichen Kulturraum Museum erstmalig modellhaft umgesetzt. Sie versammelt bei jeder Sitzung die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor einem ausgewählten Gemälde, das als Ausgangspunkt für die jeweilige Geschichte dient. Die Kunstwerke dienen dazu, Erfahrungen, Erinnerungen und Fantasien wachzurufen und zu artikulieren. Ein für die „TimeSlips – Methode“ zertifizierter Moderator stellt dazu offene Fragen. Alle Wortbeiträge werden protokolliert. Die spontan assoziierten und geäußerten Gedanken verdichten sich schließlich zur eigenen, gemeinschaftlich erzählten Geschichte. Die 13 besten Geschichten werden sich in dem Fachbuch von Regina Schultz wiederfinden.

Rembrandt ist beliebt

Eine Teilnehmerin beschreibt, was sie auf dem Bild erkennt. Foto: Klaus G. Kohn

Eine Teilnehmerin beschreibt, was sie auf dem Bild erkennt. Foto: Klaus G. Kohn

Die Nachmittage sind dreigeteilt. Neben dem Entwickeln der Geschichte, erfahren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch eine Menge über die menschliche Seite des Künstlers. „Die Anteilnahme an den Lebenswegen der jeweiligen Künstler und ihrer gemalten Geschichten ist groß. Das Menschliche interessiert sehr. Dabei ist Rembrandt wegen seiner bewegten Lebensgeschichte und dem jeweils frühen Tod seiner drei Ehefrauen besonders beliebt,“ berichtet Regina Schultz. Der dritte Part ist das Erzählcafé mit Kaffee und Kuchen, in dem biografisches Thema besprochen werden.

Video: www.der-loewe.info/kreatives-geschichtenerfinden

 

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