Wohltä­tig­keit seit 220 Jahren

Henning Borek, Konservator von „Braunschweigs Stiftung, begrüßte (von links) Gabriele Heinen Kljajic, niedersächsische Ministerin für Wissenschaft und Kultur, Rüdiger Becker, Direktor der evangelischen Stiftung Neuerkerode, und Erbprinz Ernst-August. Foto: Peter Sierigk
Henning Borek, Konservator von „Braunschweigs Stiftung, begrüßte (von links) Gabriele Heinen Kljajic, niedersächsische Ministerin für Wissenschaft und Kultur, Rüdiger Becker, Direktor der evangelischen Stiftung Neuerkerode, und Erbprinz Ernst-August. Foto: Peter Sierigk

„Braun­schweigs Stiftung“ lud zum Benefi­zessen in die Dornse – 20.000-Euro-Spende für die Tafel.

„Braun­schweigs Stiftung“ ist eine der tradi­ti­ons­reichsten Stiftungen der Stadt. Noch heute erfüllt sie den von Herzog Carl Wilhelm Ferdinand einst vorge­geben Stiftungs­zweck und unter­stützt Arme und unschuldig in Not geratenen Menschen. Beim „8. Braun­schweigs Stiftungs-Essen“ in der Dornse des Altstadt­rat­hauses kamen durch die Spenden der etwa 200 geladenen Gäste 20.000 Euro zusammen, die als Zuschuss für die Anschaf­fung eines neuen Kühlfahr­zeug an die Braun­schweiger Tafel gehen.

„Die Spenden­be­reit­schaft nimmt erfreu­li­cher­weise wieder zu. Ich danke allen, die ihren Teil dazu beigetragen haben“, sagt Henning Borek, Sprecher der Konser­va­toren von „Braun­schweigs Stiftung“. Gewöhn­lich wirkt die Stiftung im Stillen. „Mit dem Stiftungs­essen aber treten wir ganz bewusst in die Öffent­lich­keit, weil wir es als sinnvoll erachten, auf unsere Tradition und unsere Tätig­keiten hinzu­weisen. Wir werben damit um Aufmerk­sam­keit und weitere Spenden, damit wir noch mehr helfen können“, erklärt Borek, warum seit 1999 alle zwei Jahre am 6. Februar ein festli­ches Benefi­zessen ausge­richtet wird.

Gegründet wurde „Braun­schweigs Stiftung“ am 6. Februar 1794 anläss­lich der Rückkehr von Herzog Carl Wilhelm Ferdinand aus den napoleo­ni­schen Kriegen. Der Herzog stand unter dem Eindruck der vielen Kriegs­toten. Um dem sozialen Elend in breiten Bevöl­ke­rungs­kreisen entge­gen­zu­wirken, bat er die Braun­schweiger Bürger, das Geld nicht für Feiern anläss­lich seiner glück­li­chen Heimkehr auszu­geben, sondern zu spenden und in eine Stiftung einzu­bringen, um die Not jener lindern zu können, die sich nicht selbst helfen können. Gedacht wurde zum Beispiel an Frauen, deren Männer im Krieg gefallen waren.

Eine Kommis­sion entschied seiner­zeit über den Namen der Stiftung und die Zusam­men­set­zung eines Kolle­giums aus elf Konser­va­toren. Das waren damals August Heinrich Breymann, Johann Friedrich Cuppius, Johann August Hille, Ernst Conrad Koch, Conrad Behrend Krause, Benjamin von Pawel, Johann Unverzagt, Johann Ernst Wabst, Dietrich Wilhelm Winkel­mann, Johann Christian Teichs und Levin von Papen. Das Stiftungs­ka­pital betrug 10.000 Thaler, was einem Wert von etwa 25 Häusern in Wolfen­büttel entsprach, heißt es.

Zum aktuellen Stiftungs­essen begrüßte Henning Borek mit Erbprinz Ernst-August auch einen Nachfahren des Stiftungs­grün­ders Carl Wilhelm Ferdinand. Der Einladung von Braun­schweigs Stiftung“ waren auch Oberbür­ger­meister Dr. Gert Hoffmann und Gabriele Heinen-Kljajics, Nieder­sach­sens Minis­terin für Wissen­schaft und Kultur, in Vertre­tung von Minis­ter­prä­si­dent Stephan Weil gefolgt. Den Festvor­trag hielt Rüdiger Becker, Direktor der evange­li­schen Stiftung Neuerke­rode zum Thema „Stiftungen zwischen Gemein­sinn und Eigensinn“.

„Ursprüng­lich war das Stiftungs­essen dazu gedacht gewesen, das Stiftungs­ka­pital zu erhöhen. Diesmal wollten wir aber direkt ein aktuelles Projekt unter­stützen“, begründet Henning Borek, Sprecher der Konser­va­toren, die ausnahms­weise Abkehr von der Tradition. Die anderen heutigen Konser­va­toren, Hennig Brandes, Thomas Buchler, Hanns-Heinrich Kehr, Dr. Ulrich Nehring, Prof. Dr. Christian Hauswaldt, Ernst Heimbs, Prof. Dr. Folkhard Isermeyer, Jan-Dietrich Radmacher, Dr. Klaus Schuberth und Dr. Christof Sieverts, hatten selbst­ver­ständ­lich zugestimmt.

Eine Beson­der­heit dieser sozialen Stiftung ist in ihrer Satzung verankert, nämlich die Unauf­lös­lich­keit. Sie erklärt, warum die Stiftung trotz vieler geschicht­li­cher Wirren nicht nur heute noch existiert, sondern auch nach wie vor ganz in ihrem ursprüng­li­chen Sinn tätig ist. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges hatte sich das Stiftungs­ver­mögen auf gerade noch 1.200 D‑Mark reduziert. Doch das Auflösen von „Braun­schweigs Stiftung“ ging ja zum Glück nicht. Heute beträgt das Stiftungs­ka­pital wieder mehr als eine Million Euro. Übrigens 80 Prozent der Zinser­träge werden jährlich für wohltä­tige Zwecke verwendet. Und das nun schon seit 220 Jahren…

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