Die „Jeanne d´Arc“ von Braun­schweig

Gesche Meiburg . Archiv: IBR
Gesche Meiburg . Archiv: IBR

Geschichte(n) aus dem Braun­schwei­gi­schen, Folge 7: Die Helden­jung­frau Gesche Meiburg stemmte sich erfolg­reich gegen feind­liche Truppen und errang legen­dären Ruhm.

Über ihr Leben weiß man kaum etwas, jedoch überlie­fern Bild- und Schrift­quellen ihre heraus­ra­gende Heldentat im Kampf gegen die herzog­liche Obrigkeit als Braun­schweig 1615 ernsthaft durch die Truppen des Herzogs gefährdet war. Deshalb soll der Bericht über ihre Taten für die zur Helden­le­gende gewordene Braun­schwei­gerin stehen: Gesche Magdeburg oder wie üblich Gesche Meiburg.

Es war sicher kein guter Rat, den der Statt­halter von Wolfen­büttel, Victor von Wustrow zu Beginn des Jahres 1615 seinem Fürsten Herzog Friedrich Ulrich gab und meinte: „Eure Hochfürst­li­chen Gnaden mögen getrost die Hanse­schen (Braun­schweiger) angreifen. Diesmal kriegen Eure Hoheit sonder Müh die Pfeffer­säcke zu Boden!“ So kam es, dass am 22. Juli alle Bürger ihre Felder zwischen Riddags­hausen und Braun­schweig flucht­artig verlassen mussten, herzog­liche Reiter schlugen sie blutig. Mit Mühe konnten sie sich ins Steintor retten.

Wochen­lang belagerten die herzog­li­chen Truppen die »unbot­mä­ßige Erb- und Landstadt« und von den Schanzen am Giersberg, bei St. Leonhard und in Riddags­hausen oder aus Richtung Ölper flogen die Kugeln der Kanonen in die Stadt, zerstörten zahlreiche Gebäude und ließen Tote und Verwun­dete in den Straßen zurück. Mit Laufgräben arbei­teten sich die feind­li­chen Truppen bis an die Befes­ti­gungs­wälle heran und berei­teten sich allmäh­lich auf den Sturm vor. Besondere Gefahr drohte währesnd der Nacht­stunden durch den Beschuss mit glühenden Kugeln, die  zu Bränden in den Gebäuden führten.

Laut dröhnten daher die dumpfen Trommel­schläge in der Nacht zum 13. September 1615 durch die Straßen der Stadt Braun­schweig. Um 3 Uhr morgens war es, da wurde Alarm geschlagen, um alle Bürge­rinnen und Bürger zur Vertei­di­gung der Stadt aufzu­for­dern. Die Truppen des Herzogs Friedrich Ulrich schickten sich an, den Wall beim Magnitor zu stürmen. Ohne Pause dröhnte der Alarm der Trommeln durch die Stadt. Alle Gegenwehr schien jedoch in der Septem­ber­nacht umsonst, zumal die Hilfe durch ein Heer der Hanse noch immer auf sich warten ließ. Alle Hände wurden daher zur Vertei­di­gung gebraucht und selbst die Frauen griffen nun tatkräftig ein. In ihren Schürzen schleppten sie Steine auf den Wall, die auf die Angreifer nieder­pras­selten. In Kübeln wurde heißes Wasser heran­ge­schafft und ergoss sich ebenso wie glühend heißes Harz über die Soldaten, die versuchten, den Wall zu besteigen.

Oben auf der Wallkrone aber stand eine junge Frau, ungeschützt im Kugel­hagel der feind­li­chen Gewehre. Sie kämpfte erbittert gegen die Feinde, gleich­zeitig sprach sie ihren allmäh­lich verza­genden Mitbür­gern Mut zu. Es war die damals 34jährige Tochter des Laden­ma­chers Peter von Magdeburg, Gesche Meiburg. Mit Schwert, Muskete und Streit­hammer bewaffnet, wehrte sie sich tapfer, unvor­stellbar für ihre Zeitge­nossen. Zahlreiche Angreifer hat sie getötet, so dass der herzog­liche Bericht­erstatter feststellte, dass sie unter den Angrei­fern großen Schaden anrich­tete und schil­derte dem Herzog das unfass­bare Geschehen: „Ein Weib, welches tapfer gewehret, hat uns bei dem Einfall auf dem Wall mit Stein­werfen und mit einem Schlacht­schwerdt großen Schaden gethan, hat keine Brustwehr zu ihrem Vorteil gehabt, sondern ganz offenbar auff dem Wall gestanden, hat den Soldaten zugeruffen: sie sollten nur getrost zuschisen und sich tapfer wehren, so lange sie bey ihnen were, hette es gar keine Gefahr, seind, wie der Fendrich berichtet in 500 Schüssen mit Musqueten nach ihr gethan, aber alles vergeb­lich. Ist ohne Zweifel Petrus oder ein Engel gewesen.“

500 Schüsse sollen auf Gesche Meiburg abgegeben worden sein, jedoch wurde sie nicht getroffen. Der Erfolg des Angriffs der herzog­li­chen Truppen blieb aus und als wenige Tage später erste Hilfs­truppen der Hanse die Stadt erreichten, gab Herzog Friedrich Ulrich am 2. November 1615 die Belage­rung der Stadt Braun­schweig endgültig auf. Im Moment der höchsten Gefahr aber war es eine Frau, Gesche Meiburg, die sich durch Tapfer­keit und siegreiche Gegenwehr einen legen­dären Ruhm schuf.

Der »Jeanne d´Arc von Braun­schweig« wurden später Flugblätter mit Bildern und Gedichte gewidmet, so dass ihr Ruf als Helden­jung­frau und der Ruhm der Stadt Braun­schweig als siegrei­cher Stadt weite Verbrei­tung fand: »Ich Gesche Meiburg so genandt,/ In der Statt Braun­schweig wol bekandt/..Ich solche Thaten hab gethan/ Die einem Helden wohl anstahn«.

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