Hilfe für ein selbst­be­stimmtes Leben

Die ersten Braunschweiger Bildungspaten wurden im vergangenen Jahr ausgebildet. Archivfoto: Peter Sierigk
Die ersten Braunschweiger Bildungspaten wurden im vergangenen Jahr ausgebildet. Archivfoto: Peter Sierigk

Kinder­schutz­bund bildet wieder Bildungs­paten für unbeglei­tete Flücht­linge aus.

Mehr als 250 unbeglei­tete, minder­jäh­rige Flücht­linge sind seit September 2015 in Braun­schweig angekommen. Zusätz­lich zu den profes­sio­nellen Teams in den Einrich­tungen, in denen die vorwie­gend jungen Männer unter­ge­bracht sind, sollen ehren­amt­liche Paten­schaften dabei helfen, dass sich die Jugend­li­chen in Braun­schweig besser zurecht­finden.

Der Ortsver­band Braun­schweig des Deutschen Kinder­schutz­bundes hat bisher in zwei Ausbil­dungs­runden engagierte Frauen und Männer zu Bildungs­paten quali­fi­ziert. Derzeit gibt es 37 Paten­schaften. Im September startet eine neue Quali­fi­zie­rungs­maß­nahme. Willkommen ist jeder, der für einen jungen Flücht­ling eine persön­liche Bezugs­person sein möchte. Die Paten sind derzeit im Alter zwischen 23 und 80 Jahren.

Diese Paten­schaften sollen indivi­duell zugeschnitten sein, „wir versuchen, Inter­essen zu koppeln“, so Projekt­ko­or­di­na­torin Astrid Keller. Ein Pate, der begeis­terter Eintracht-Fan ist, wäre also ein idealer Begleiter für einen Flücht­ling, der schon immer gern gekickt hat. Im Vorder­grund steht natürlich die Sprache, um die Chancen auf Bildung und Ausbil­dung der Jugend­li­chen zu verbes­sern.

Poten­ti­elle Paten sollten stabil im Leben stehen, so Keller. Es könne auch mal zu schwie­rigen Situa­tionen kommen, immerhin tragen die teils trauma­ti­sierten Menschen alle ihre Geschichten aus den Herkunfts­län­dern ständig im Kopf mit sich. Da muss man gewappnet, selbst psychisch stabil sein. „Die Paten müssen auch mal in der Lage sein, viel geben zu können oder eigene Erwar­tungen zurück zu stellen.“

Ein Beispiel: Wenn ein Pate den Vorschlag macht, gemeinsam ins Kino oder Theater zu gehen, der Flücht­ling aber lieber mit einem Kumpel etwas unter­nehmen möchte, dann ist das in Ordnung. „Schließ­lich sollen sich die Flücht­linge zu eigen­stän­digen Persön­lich­keiten entwi­ckeln“, so Antje Wingert, ebenfalls Koordi­na­torin des Projekts. Es gibt aber auch Momente, in denen man ganz viel zurück­be­kommt: Zum Beispiel das Leuchten in den Augen eines Flücht­lings darüber, dass ganz für ihn allein eine Geburts­tags­feier ausge­richtet wurde. „So etwas ist in manchen Ländern nicht üblich, die Jungs sind dann ganz gerührt.“ Und die Paten reich beschenkt durch den Glücks­mo­ment des jungen Menschen.

Positiver Neben­ef­fekt der Paten­schaft sei neben dem Sprach­er­werb, dass die jungen Menschen en passant die fremde Kultur im neuen Land kennen­lernen und in das gesell­schaft­liche Leben, zum Beispiel durch Sport­ver­eine und Kontakt zu Einhei­mi­schen, einge­bunden  werden. Man sollte auch mal spontan sein können, wenn ein Junge eben noch mal vorbei kommen möchte, weil eine Physik­ar­beit ansteht  und er noch büffeln will. „Man bekommt aber auch viel zurück: einige  afgha­ni­sche Jungs haben den Realschul­ab­schluss geschafft. Nach andert­halb Jahren in Deutsch­land! Eine unglaub­liche Leistung, zumal man nicht genau weiß, ob manche in ihrer Heimat überhaupt zur Schule gegangen sind.“

Auch wenn es darum gehe, dass der Flücht­ling die kultu­rellen und sozialen Struk­turen in Deutsch­land kennen­lernt, sollten die Paten dennoch auch Interesse an der Kultur des Heimat­landes des jungen Menschen haben, anderen Lebens­weisen gegenüber aufge­schlossen sein und die Lebens­pläne akzep­tieren.

Eine Quali­fi­zie­rungs­maß­nahme zum Bildungs­paten dauert drei Monate. Einmal in der Woche treffen sich die zukünf­tigen Begleiter der Jugend­li­chen und hören Vorträge zu verschie­denen Themen. Wenn es mit der Paten­schaft losgeht, sollte man ein oder zwei Mal in der Woche für insgesamt zwei bis fünf Stunden Zeit haben. Eine Paten­schaft sollte mindes­tens andert­halb Jahre dauern. Die Paten treffen sich wiederum einmal im Monat mit Wingert und Keller zum Austausch.

Inter­es­sierte melden sich bei Antje Wingert
Antje.wingert@dksb-bs.de
oder unter 0176 63 10 83 95

Finan­ziert wird das Projekt durch einen Verbund von Stiftungen und Spendern.  Geeignete Ehren­amt­liche werden in Koope­ra­tion mit dem städti­schen Büro für Migra­ti­ons­fragen quali­fi­ziert.

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