Menschen­recht auf Wasser!

Eneko Sanz, Abdulrahim Aljouja, Boubacar Barry, Barzan Hussein, Carsten Wilhelm (von links nach rechts) sind Mitwirkende in der Produktion. Foto: unitedOFFproductions
Eneko Sanz, Abdulrahim Aljouja, Boubacar Barry, Barzan Hussein, Carsten Wilhelm (von links nach rechts) sind Mitwirkende in der Produktion. Foto: unitedOFFproductions

Theater­pro­duk­tion „Wasser.Gesichter.Geschichten.“ thema­ti­siert mit einem inter­na­tio­nalen Team die weltweite Wasser­krise.

„Wasser. Gesichter. Geschichten.“ heißt die neue Theater­pro­duk­tion von united­OFF­pro­duc­tions. Es ist eine Zusam­men­ar­beit mit jungen, geflüch­teten Menschen aus Syrien, Simbabwe und dem Kongo. In einer Verdich­tung aus Musik, Perfor­mance, Theater und dokumen­ta­ri­scher Recherche präsen­tiert die Gruppe einen künst­le­ri­schen Diskurs über die „Faszi­na­tion Wasser“ und Fragen globaler Vertei­lungs­ge­rech­tig­keit.

Das Projekt wird unter anderem durch die Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz und die Braun­schwei­gi­sche Stiftung gefördert.

Den Theater­ma­chern um Dieter Krockauer ging es nicht so sehr darum, in dieser Produk­tion Krieg und Chaos in den Heimat­län­dern der Geflüch­teten zu thema­ti­sieren, die Strapazen der Flucht über das „Massen­grab“ Mittel­meer, die Verlo­ren­heit in der Fremde und die Sehnsucht nach der Heimat. Das sind Aspekte, die am Rande dieses Theater­abends auch angetickt werden, auf denen aber nicht der Fokus liegt. Wasser als Lebens­eli­xier, als alle Menschen verbin­dendes Element ist gewis­ser­maßen der rote Faden dieser Produk­tion , entlang dessen die Geschichten wie in einem Fluss­delta mäandrie­rend voran­treiben.

Wasser verbindet Menschen nicht nur über Länder­grenzen hinweg. Es macht auch globale Abhän­gig­keits­ver­hält­nisse deutlich. „Bereits im Jahr 2030 sollen 40Prozent der Mensch­heit in Regionen leben, die von Wasser­ver­schmut­zung und Wasser­knapp­heit geprägt sind. Gleich­zeitig hält der hohe Verbrauch der kostbaren Ressource weltweit unver­min­dert an. Menschen fliehen nicht nur vor Krieg, Verfol­gung und wirtschaft­li­cher Aussichts­lo­sig­keit, sondern immer öfter auch, weil ihnen die elemen­tarsten natür­li­chen Lebens­grund­lagen fehlen“, heißt es im Begleit­text zum Theater­abend.
„Die Frage wird auch sein“, so Graciela González de la Fuente, „welchen Anteil wir in Europa daran haben, dass Wasser knapp wird, dass den Menschen in Afrika nicht selten der Zugang zum Wasser, dem Grund­ele­ment allen Lebens, verwehrt wird.“ Exper­ten­re­cher­chen zum Thema nachhal­tige Wasser­wirt­schaft, globale Wasser­krise und Klima­wandel als Flucht­ur­sache werden den Reigen aus verschie­denen theatralen Elementen also mit einem wissen­schaft­li­chen Fundament komplet­tieren.

Was die struk­tu­relle Ebene angehe, so Krockauer, sei diese Produk­tion schon eine Heraus­for­de­rung gewesen, „ein Hammer“. Allein einen Proben­zeit­plan zu stemmen sei schwierig gewesen, weil ein Flücht­ling eine Ausbil­dung begonnen hat, ein anderer einen Sprach­kurs. Und wie kommt man eigent­lich zur Probe, wenn zur Proben­zeit am Wochen­ende kein Bus aus dem Landkreis Wolfen­büttel nach Braun­schweig fährt? Anderer­seits motoviert so eine Heraus­for­de­rung natürlich alle, schweißt zusammen und bringt Nähe, trotz aller Sprach­bar­rieren, trotz aller kultu­reller Unter­schiede, die ja neben Ämter­gängen noch oben drauf kommen. „Diese Menschen haben in ganz jungen Jahren schon eine existen­ti­elle Lebens­ka­ta­strophe hinter sich“, schildert Graciela González de la Fuente. Als sie einen jungen Afrikaner während der Probe animierte, Wut forcierter mimisch und gestisch heraus­zu­lassen, konnte er das einfach nicht. Wut hatte er aus seinem Gefühls­kanon getilgt, sie hätte seine ohnehin wacklige Überle­bens­stra­tegie, dass nämlich das Leben nun einmal so ist wie es ist, womöglich zum Einsturz gebracht.

Wasser kennt er als Kostbar­keit, er hat es in Afrika selbst noch in Kanistern geholt und auf dem Rücken zur Bleibe gebuckelt.
Die Schau­spieler und Musiker werden also Fakten und Erzäh­lungen aus verschie­denen geogra­fi­schen Regionen und kultu­rellen Kontexten, aus Vergan­gen­heit und Gegenwart, aus Sehnsucht und Realität verbinden. „Subjek­tive Erfah­rungs­be­richte treffen auf Exper­ten­be­richte, theore­ti­sches Wissen auf gefühltes Wissen, Medien­bilder auf die realen Biogra­fien und Migra­ti­ons­ge­schichten der einzelnen Akteure“, so die Theater­ma­cher. Ganz wichtig sei ihr, so Graciela González de la Fuente, ein Bewusst­sein für diese Wasser­krise zu schaffen. Bei ganz vielen Menschen.

Termine
Premiere ist am 2. November um 20 Uhr im LOT-Theater in Braun­schweig. Weitere Auffüh­rungen am 3.,4. November, 20 Uhr. Zudem am 17. und 18. November im Theater im Pavillon in Hannover, 8. Dezember im Theater im ehema­ligen IWF in Göttingen, 18., 19., 20. und 21. Januar 2018 im LOT-Theater in Braun­schweig sowie am 1., 2. und 3. Dezember in Berlin. Nähere Infos unter www.unitedoffproductions.de

Team
Mit: Abdul­rahim Aljouja, Boubacar Barry, Barzan Hussein, Eneko Sanz, Carsten Wilhelm
Im Video: Jasmina Barck­hausen, Unathi Davis, Prof. Dr. Andreas Haarstrick, Stefanie Hess, Yahouza Issifou
Idee, Regie: Dieter Krockauer
Inter­views, Recherche: Dieter Krockauer, Eneko Sanz
Drama­turgie: Graciela González de la Fuente, Dieter Krockauer
Bühne: Graciela González de la Fuente
Produk­ti­ons­lei­tung, Organi­sa­tion: Eneko Sanz

Fakten
Die Gruppe united­OFF­pro­duc­tions produ­ziert als Künstler- und Autoren­ge­mein­schaft seit 1999 profes­sio­nell unter der künst­le­ri­schen Leitung von Dieter Krockauer (Regie) in den Bereichen Theater, Hörspiel, site-specific-Perfor­mance und Video/Film. Für die Bereiche Organi­sa­tion und Öffent­lich­keits­ar­beit ist seit Anfang 2017 der Produzent und Schau­spieler Eneko Sanz zuständig, der bereits seit 2013 eng mit der Gruppe arbeitet.

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