„Mehr als Friede, Freude, Eierku­chen“

Landesbischof Christoph Meyns war begeistert beim Gospelkirchentag dabei. Foto: Landeskirche
Landesbischof Christoph Meyns war begeistert beim Gospelkirchentag dabei. Foto: Landeskirche

Landes­bi­schof Christoph Meyns über den spekta­ku­lären Gospel­kir­chentag und seine Wirkung

Der 8. Inter­na­tio­nale Gospel­kir­chentag in Braun­schweig zählte zu den Höhepunkten des Kultur­som­mers in Braun­schweig. Unter dem Motto „Welcome Home“ traten rund 90 Chöre an drei Tagen im September in der Stadt auf, in Kirchen, auf öffent­li­chen Bühnen in der Innen­stadt und in der Volks­wa­gen­halle auf. Veran­stalter waren die Evange­lisch-luthe­ri­sche Landes­kirche in Braun­schweig, die Propstei Braun­schweig und die Stiftung Creative Kirche. Zu dem breiten Unter­stüt­zer­kreis zählte auch die  Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz. Landes­bi­schof Christoph Meyns zog im Interview ein sehr zufrie­denes Fazit.

Was hat Sie am Gospel­kir­chentag besonders beein­druckt?

Heraus­ra­gend waren die Eröffnung und der Festi­val­got­tes­dienst auf dem hervor­ra­gend besuchten Schloss­platz. Da haben wir die Stadt und auch die Landes­kirche hervor­ra­gend präsen­tiert. Sehr bewegend für mich persön­lich waren die Proben für den Mass Choir am Sonnabend in der Volks­wa­gen­halle mit 4500 Sänge­rinnen und Sängern. Da habe ich mitge­sungen und sogar Keyboards gespielt. Außerdem bin ich sehr froh, dass es nicht nur um Friede, Freude, Eierku­chen ging, sondern dass es auch ein soziales Motto gab. Wir haben an diesem Wochen­ende 40.000 Euro für ein Projekt in Bangla­desch gesammelt. Dazu war die Zusam­men­ar­beit mit der Creativen Kirche, aber auch mit der Stadt und den Sponsoren außer­ge­wöhn­lich angenehm. Wir sind rundherum sehr zufrieden.

Die Veran­stal­tungen waren alle toll besucht. Was bedeutet das für die Landes­kirche?

Man darf die missio­na­ri­sche Wirkung eines solchen Events nicht überschätzen. Viele Besucher der Gottes­dienste und der Konzerte waren Teilneh­mende und im weitesten Sinne aus dem kirch­li­chen Bereich. Wir gehen davon aus, dass wir etwa 40.000 Menschen an diesen drei Tagen aktiviert haben. Die Popular­kir­chen­musik hat für Aufmerk­sam­keit gesorgt. Wir haben in der Landes­kirche auch Kirchen­mu­siker, die in dem Bereich sehr aktiv sind. Heike Kieck­höfel zum Beispiel aus Salzgitter, die die Gospel­musik in der Region ganz stark fördert, mit ihrem Gospel­chor „Salt and Pepper“. Ich denke, dass die Bereit­schaft der Gemeinden gestiegen ist, sich stärker auf Popular­kir­chen­musik einzu­lassen.

Viele Passanten haben an diesem Wochen­ende Kirche anders wahrge­nommen, frischer, moderner, weniger verstaubt.

Die Kirche ist alles andere als verstaubt. Von innen betrachtet ist sie tatsäch­lich vieler­orts sehr modern. Mein Herz schlägt schon lange für die moderne Kirchen­musik und die Popular­kir­chen­musik, sowohl für den sogenannten Sakro-Pop als auch für die Gospel­musik. Insofern war der Gospel­kir­chentag für mich keine Gegen­kirche. Ich bin schon als 16-Jähriger in den 1970er-Jahren mit meiner Band bei Rock-Messen in meiner Heimat­ge­meinde aufge­treten. Der Gospel­kir­chentag war eine Chance, an die Haustür der Menschen zu kommen und zu zeigen, was Kirche alles ist. Gegen Vorur­teile ist aber schwer anzukommen.

Gibt es für die Landes­kirche weitere Möglich­keiten, öffent­lich­keits­wirksam für sich zu werben?

Mehrtä­gige Großver­an­stal­tungen wie den Gospel­kir­chentag kann die Landes­kirche nicht alleine stemmen. Wir werden aber das Luther-Musical Anfang 2018 zum 450-jährigen Jubiläum der Landes­kirche in der Volks­wa­gen­halle haben. Und am 2. und 3. September nächsten Jahres werden wir die Schöpfung von Hayden auch mit einem Massen­chor in der VW-Halle aufführen. Da werden jeweils 2000 Sänger und 6000 Besucher dabei sein.

Wie hat der Gospeltag nach innen gewirkt?

Für die klassi­schen Kirchen­mu­siker ist es schwierig, plötzlich auf Rock-Pop umzusat­teln. Ich kenne nur wenige, die beides können. Die Gemeinden der Landes­kirche haben jeden­falls beim Gospel­kir­chentag hervor­ra­gend mitge­zogen. Es gibt einen starken Trend zur Popular­kir­chen­musik, aber er muss in den Gemeinden wachsen. Wir haben als Kirche auch eine Verant­wor­tung gegenüber der klassi­schen Kirchen­musik. Das ist ein hohes Gut. Dafür gibt es sehr viele Liebhaber. Trotzdem wissen wir, dass jüngere Menschen ein anderes Lebens­ge­fühl und einen anderen Musik­ge­schmack haben. Denen müssen wir etwas anbieten, aber wir dürfen und wollen auch nicht auf die tradi­ti­ons­reiche, klassi­sche Kirchen­musik verzichten.

Welche Rolle spielt Musik bei der Moder­ni­sie­rung von Kirche?

Wir sind ständig dabei, mit Gottes­dienst- und Veran­stal­tungs­formen zu experi­men­tieren. Musik ist immer mit dabei und immer wichtig. Es ist gut, Events zu veran­stalten und sich in der Öffent­lich­keit zu präsen­tieren. Aber entschei­dend ist die Lebens­be­glei­tung der Menschen. Welche Musik wird in den Kinder­ta­ges­stätten gespielt? Welche Musik wird in den Gemeinden gewünscht? Da erzielen wir Breiten­wir­kung, die weit über alles hinaus­geht, was einzelne Events erreichen können. Man kann sich eine Kirche ohne Musik überhaupt nicht vorstellen, weil wir damit Freude, aber auch Trauer ausdrü­cken können. Grund­le­gendes zu verändern, bedeutet, genera­ti­ons­über­grei­fende Prozesse anzustoßen. Da geht es um langfris­tige Bildungs­ar­beit. So ein Gospel­kir­chentag kann dafür durchaus ein Impuls sein, aber er bleibt bei aller Begeis­te­rung eine Moment­auf­nahme.

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