Mitmach-Ausstel­lung in Braun­schweig zeigt Mittel­alter-Kran

Die Jugendbauhütte baut in der Brüdern-Kirche einen mittelalterlichen Holzkran auf. Foto: Bernward Comes
Die Jugendbauhütte baut in der Brüdern-Kirche einen mittelalterlichen Holzkran auf. Foto: Bernward Comes

Das Braun­schwei­gi­sche Landes­mu­seum zeigt in der Mitmach-Ausstel­lung „Bruneswic anno 1221“ seit kurzem einen zweiein­halb Tonnen schweren Kran.

Odo bekommt dieser Tage kräftige Unter­stüt­zung. Die mittel­al­ter­liche Figur des Baumeis­ter­sohns, der im Kloster lebt und mit drei weiteren Kindern durch die Mitmach-Ausstel­lung Bruneswic anno 1221“ des Braun­schwei­gi­schen Landes­mu­seums führt, kann bald auf einen mächtigen Kran zurück­greifen. Mit ihm lässt sich hautnah begreifen, wie die großen Kirchen in Braun­schweig und anderswo entstanden sind. Derzeit wird noch an ihm gebaut, aber schon jetzt ist er mit zweiein­halb Tonnen das Schwer­ge­wicht der Ausstel­lung, die in der Brüdern­kirche seit September vergan­genen Jahres gezeigt wird und bereits von rund 4000 Besuchern angesehen wurde.

Logo Braunschweiger ZeitungDieser Artikel ist zuerst erschienen am 21.02.2022 (Bezahl-Artikel)

Geplant war der Kran für die Ausstel­lung von Anfang an, berichtet Museums­päd­agoge Torsten Poschmann, der die Schau konzi­piert hat. Schließ­lich hätten sie um 1221 in Braun­schweig mit seinen zahlrei­chen Kirchen, die allesamt keine Kirch­türme hatten, eine bedeu­tende Rolle gespielt. Irgendwie mussten die Steine ja in die Höhe befördert werden, um aufge­türmt werden zu können. Doch es sei nicht einfach gewesen, jemanden zu finden, der das Ganze heutzu­tage umsetzt. In Hanno Alsen, der bei der Jugend­bau­hütte Nieder­sachsen das Projekt Ostfalen leitet, hat Poschmann genau so jemanden gefunden. Mit sechs jungen Erwach­senen zwischen 16 und 19 Jahren, die ein freiwil­liges soziales Jahr in der Denkmal­pflege absol­vieren, baut er den Kran. Da das Projekt Ostfalen erst im vergan­genen Sommer startete und die zwischen­zeit­lich stark gestie­genen Holzpreise den Kranbau verzö­gerten, konnte dieser erst Anfang Januar gestartet werden.

Holzver­bin­dungen halten den tonnen­schweren Kran zusammen

Und dieser Bau hat es in sich. Alsen: „Nicht jeder Schreiner traut sich da ran.“ Heute werde anders gebaut als damals. „Die meisten Verbin­dungen, die wir nutzen, sind nur in der Berufs­schule Thema und danach nicht mehr.“ Der tonnen­schwere Kran wird allen voran mit Holzver­bin­dungen zusammen gehalten. „So weit es geht, haben wir es gemacht wie damals. An einigen Stellen haben wir aus Sicher­heits­gründen aber auch Nägel einge­setzt.“ Als Vorbild, an dem sich Alsen orien­tierte, diente ein mittel­al­ter­li­cher Tretkran, der im Geschichts­er­leb­nis­raum Roter Hahn in Lübeck ausge­stellt wird.

Eine besondere Erfahrung wird der Kran nicht nur für die Besuchern der Ausstel­lung sein. Auch die jungen Menschen, die das freiwil­lige soziale Jahr absol­vieren, erhalten einen einma­ligen Einblick in das Schrei­ner­hand­werk. Die 19-jährige Kaja Duwe aus Lüneburg sagt: „Es macht mir sehr viel Spaß. So eine Chance bekommt man nur ein Mal.“ Sie hat Balken abgeho­belt, Holzver­bin­dungen angepasst und auch an einer Inschrift mitge­schnitzt. Nach dem Abitur im vergan­genen Jahr habe sie erst einmal etwas Prakti­sches machen wollen. Vielleicht folgt dann das Archi­tek­tur­stu­dium.

Der Holzkran bekommt auch eine Inschrift nach altem Vorbild. Foto: Bernward Comes
Der Holzkran bekommt auch eine Inschrift nach altem Vorbild. Foto: Bernward Comes

In rund einem Monat können die Besucher mit im Hamsterrad laufen

In Braun­schweig ist der Kran bereits in seiner ganzen Größe zu sehen, gefeilt wird noch an Details. Dazu gehören auch einige Sicher­heits­vor­keh­rungen. Erst dann, Tüv-geprüft und voraus­sicht­lich in einem Monat, werden die Besucher der Ausstel­lung ihn auch selbst nutzen können. Bis dahin wird es aller Voraus­sicht ab dem 27. Februar an den Sonntagen Vorfüh­rungen der Funkti­ons­weise geben. Die Handwer­ke­rinnen und Handwerker im freiwil­ligen sozialen Jahr führten das schon einmal vor: Drei von ihnen begaben sich in eine Trommel, die an ein Hamsterrad erinnert. Als sie losgingen, bewegte sich langsam eine an einem Seil befes­tigte Last nach oben. Hamsterrad ist auch histo­risch gesehen gar keine so schlechte Bezeich­nung. Poschmann berichtet, dass es im Mittel­alter den Beruf des Winden­knechts gab. Der habe zwölf Stunden am Tag nichts anderes gemacht, als in einem riesigen Hamsterrad zu laufen und so ein Seil auf- und abzuwi­ckeln, das Lasten auf- und abtrans­por­tiert.

Im Fall des Krans im Landes­mu­seum hat das Rad einen Durch­messer von 4,40 Meter. Es wiegt eine Tonne. Ausgelegt sei der Kran dafür, rund 500 Kilogramm zu heben, so Alsen. Aber er geht davon aus, dass er sehr viel mehr heben könnte. „In einem Probelauf haben wir einen 150 Kilogramm schweren Stein gehoben. Den merkte man kaum.“ Freilich werden in der Mitmach-Ausstel­lung keine derlei schweren Lasten gehoben. Nicht auszu­denken, wenn da mal was auf den Zeh fällt. Daher gibt es Schaum­stoff­blöcke, die in sandstein­braunen Stoff gehüllt sind. Die können an der Station von Odo auch gleich verbaut werden: zu Rundbögen.

Die Ausstel­lung in St-Ulrici-Brüdern in der Schüt­zen­straße 21a ist dienstags bis samstags von 10 bis 17.30 Uhr geöffnet, sonntags von 12 bis 17.30 Uhr.

Weitere Infor­ma­tionen finden Sie hier.

Logo Braunschweiger ZeitungDieser Artikel ist zuerst erschienen am 21.02.2022 und erreichbar unter: https://www.braunschweiger-zeitung.de/braunschweig/article234631087/Mitmach-Ausstellung-in-Braunschweig-zeigt-Mittelalter-Kran.html (Bezahl-Artikel)

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