Weltpo­li­ti­kerin mit braun­schwei­gi­schen Wurzeln

Dieses Porträt Maria Theresias war Teil der Gemäldeausstattung des Residenzschlosses Braunschweig und später des Schlosses Blankenburg. Es ist heute Teil der Dauerausstellung des Schlossmuseums Braunschweig. Foto: Schlossmuseum Braunschweig
Dieses Porträt Maria Theresias war Teil der Gemäldeausstattung des Residenzschlosses Braunschweig und später des Schlosses Blankenburg. Es ist heute Teil der Dauerausstellung des Schlossmuseums Braunschweig. Foto: Schlossmuseum Braunschweig

Folge 5 der Reihe „Schick­sale am einstigen Braun­schweiger Hof“: Welfen-Enkelin Maria Theresia

Sie zählt zu den bedeu­tendsten Frauen der Geschichte und war die Tochter einer Prinzessin von Braun­schweig-Wolfen­büttel. Die Erinne­rung an sie wurde durch zahlreiche Porträts in den Schlös­sern des Fürsten­tums wachge­halten. Noch in den 30er Jahren des 20. Jahrhun­derts bewahrte man in Schloss Blanken­burg einen Feder­ball­schläger, mit dem die berühmte Welfen-Enkelin gespielt haben soll. Zur Zeit der Regent­schaft Maria Theresias stand das Fürstentum Braun­schweig-Lüneburg aber auf der Seite ihres großen Wider­sa­chers Friedrich II. von Preußen.

Bereits einige Jahre vor ihrer Geburt am 13. Mai 1717 wurden die Weichen zu Maria Theresias außer­ge­wöhn­li­chem Leben gelegt: Ihr Vater Karl VI. erließ die so genannte „Pragma­ti­sche Sanktion“, die besagte, dass auch seine älteste Tochter die Thron­folge antreten konnte – aller­dings nur, wenn es keinen direkten männli­chen Nachfolger gab. Als 1716 als erstes Kind Maria Theresias Bruder Leopold Johann zur Welt kam, sah es so aus, als käme diese Neuerung nicht zum Tragen und die alther­ge­brachte Erbfolge bliebe bestehen. Doch nur wenige Monate später verstarb der kleine Thron­folger und alle weiteren Kinder Karls VI. waren Mädchen. Dies änderte aller­dings nichts daran, dass man weiterhin auf einen Sohn hoffte. Man befürch­tete, dass der Antritt des Erbes durch ein Mädchen oder eine Frau innerhalb und außerhalb des Landes nicht anerkannt würde, was die Erbprin­zessin auch zu spüren bekam.
Maria Theresias Erziehung verlief daher so, wie sie auch ohne Änderung der Erbfolge verlaufen wäre. Sie beinhal­tete zwar Unter­richt in Fächern wie Religion, Geschichte, Musik und Sprachen, bereitete aber nicht auf eine spätere Regent­schaft des großen Reiches vor, das damals u.a. Öster­reich, Ungarn, Kroatien und Slawonien, Böhmen und Mailand umfasste. Viele Jahre später kommen­tierte Maria Theresia dieses Versäumnis und betonte, dass sie das fehlende Wissen sowie fehlende Erfahrung bezüglich ihrer Aufgaben vor Truppen und dem Rat bloßstellten.

Viel Zeit, sich das fehlende Wissen anzueignen, hatte die junge Regentin zudem nicht. Nachdem ihr Vater 1740 gestorben war, erfüllten sich die Befürch­tungen und ihre Position wurde von mehreren Seiten angezwei­felt. Der Öster­rei­chi­sche Erbfol­ge­krieg weitete sich zu einem Konflikt aus, der zahlreiche Länder einbezog, und Maria Theresia verlor schließ­lich Schlesien an Friedrich II. von Preußen. Eine Nieder­lage bedeutete für diese starke Persön­lich­keit jedoch keinen Rückzug. 1745 gelang es ihr, ihren Mann Franz Stephan zum Kaiser krönen zu lassen. Sie selbst trug zwar den Titel der Kaiserin, wurde aber nie in einem solchen Staatsakt gekrönt.

Es ist davon auszu­gehen, dass gute Bezie­hungen und vertraute Personen sie in ihren schwie­rigen politi­schen Ausein­an­der­set­zungen stärkten. Zu diesen Personen zählte ihr Mann, mit dem sie durch eine gute Ehe verbunden war. Darüber hinaus prägte sie ein enges Verhältnis zur eigenen Amme und Erzie­herin Karoline Gräfin von Fuchs-Mollard, die liebevoll „die Füchsin“ genannt wurde. Ohne derartige Vertraute, vor allem aber auch zahlreiche Verwal­tungs­be­amte und Staats­per­sonen, wäre das spannende Leben dieser außer­ge­wöhn­li­chen Frau und Politi­kerin nicht möglich gewesen.

Neben ihrer ambitio­nierten Außen­po­litik, die durch weltge­schicht­liche Ereig­nisse wie den Sieben­jäh­rigen Krieg geprägt wurde, bemühte sich Maria Theresia um umfas­sende innen­po­li­ti­sche Reformen. Trotz ihrer bis ins Persön­liche gestei­gerten Ablehnung gegenüber Friedrich II. von Preußen erkannte sie beispiels­weise den Nutzen preußi­scher Militär- und Bildungs­po­litik und setzte entspre­chende Aspekte in ihren eigenen Reformen um. Wichtig waren ihr Effizienz und Sparsam­keit, was dazu führte, dass auch Adel und Klerus steuer­pflichtig wurden. Weitere Reformen betrafen die Wirtschaft und die Justiz.

Es ist aus heutiger Sicht schwer vorstellbar, wie es Maria Theresia angesichts dieser zeitin­ten­siven und ambitio­nierten Staats­füh­rung gelungen ist, sechzehn Kinder zur Welt zu bringen. Dies zog darüber hinaus weitere politi­sche Bemühungen nach sich, da eine gute Verhei­ra­tung der elf Töchter eine wichtige Rolle in der Außen­po­litik spielte. Viele Nachkommen waren eine politi­sche Notwen­dig­keit und das persön­liche Schicksal der damals häufigen Kinder- und Jugend­s­terb­lich­keit konnte auch diesbe­züg­lich große Probleme verur­sa­chen, was am folgenden Beispiel deutlich wird: Nachdem die bereits in frühem Kindes­alter mit Ferdinand I. König von Neapel und Sizilien verlobte Tochter Johanna Gabriela im Alter von 12 Jahren starb, verlobte man kurzer­hand die ein Jahr jüngere Maria Josepha mit ihm. Doch auch sie starb wenige Jahre darauf und erst die wiederum ein Jahr jüngere Maria Karolina wurde schließ­lich seine Ehefrau und die Verbin­dung der beiden Familien konnte gestärkt werden.

Die Eheschlie­ßungen bedeu­teten trotz dieser politi­schen Dimension für Maria Theresia nicht den Abbruch der Bezie­hungen zu ihren Kindern. Vor allem durch die beratende Korre­spon­denz mit ihrer Tochter Marie Antoi­nette, die mit Ludwig XVI. von Frank­reich verhei­ratet war, ist belegt, dass sie sich für deren Schicksal inter­es­sierte – persön­lich und politisch. Maria Theresia trat bezüglich ihrer Heirats­po­litik der Kinder zwar nicht als liebe­volle Mutter sondern als unnach­gie­bige Staats­frau auf, dies war jedoch typisch für ihre Zeit, die wenig nach dem privaten Glück des Einzelnen fragte. Dass Maria Theresia dies als gegeben akzep­tierte, obwohl sie selbst nach eigener Aussage durch starke Liebe mit ihrem Mann verbunden war, zeigt, wie hoch sie ihre Verant­wor­tung als Regentin bewertete. Dies ist auch einer der Gründe dafür, dass sich die dem Tod ihres Mannes 1765 folgende Mitre­gent­schaft ihres Sohnes Josephs II. schwierig gestal­tete. Neuerungen, die weniger stark auf dem für sie unerschüt­ter­lich wichtigen katho­li­schen Glauben beruhten, blieben für die mittler­weile fast 50-jährige Maria Theresia unver­ständ­lich. Bis zu ihrem Tod 1780 behielt sie daher die Regierung weitge­hend in den eigenen Händen.

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