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Wie heimatverbunden sind Braunschweiger?

Der Braunschweiger Löwe. Foto: Stadtmarketing
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Studie der Jacobs University Bremen führt die Region fast als Schlusslicht in Deutschland.

Eine breit angelegte Untersuchung hat sich im Auftrag des Bundesinnenministeriums des Innern (BMI) der spannenden Frage gewidmet, wie hoch die Heimatverbundenheit in Deutschland ist. Überraschend schlecht hat dabei die Region Braunschweig in der Studie der Jacobs University aus Bremen von Prof. Klaus Boehnke abgeschnitten. Offenbar ist die Heimatverbundenheit in der sogenannten Raumordnungsregion Braunschweig sehr niedrig. In der Studie belegt Braunschweig den vierletzten Rang unter den 96 deutschen Raumordnungsregionen. Niedersachsen rangiert auf Platz elf der 16 Bundesländer.

„Überraschend negativ“

„Das ist ein überraschendes Ergebnis, das ich in dieser negativen Form nicht erwartet hätte. Die Studie kann ich nicht bewerten, weil ich sie nicht im Detail kenne, aber um die Resultate richtig einordnen zu können, sind im Wesentlichen zwei Aspekte wichtig: Zur Raumordnungsregion Braunschweig gehören auch die jungen Städte Wolfsburg und Salzgitter mit historisch bedingt geringerer Bindung. Und auch Niedersachsen ist erst 1946 durch den Zusammenschluss der Länder Braunschweig, Oldenburg und Schaumburg-Lippe sowie der der preußischen Provinz Hannover entstanden“, kommentiert Thomas Krueger, Geschäftsführe des Niedersächsischen Heimatbunds e.V.

Mit dem Thema Identität wird sich im Spätherbst auch die Fachtagung „Wir sind die Niedersachen? – Niedersachsens Identitäten“ des Niedersächsischen Heimatbundes in Braunschweig beschäftigen. Die Tagung ist Teil des coronabedingt abgesagten 101. Niedersachsentags, der im Frühling in Braunschweig hätte ausgerichtet werden sollen. Unter dem Slogan „Wir geben der Heimat ein Zuhause“ versammeln sich unter dem Dach des NHB 285 Vereinen und Verbände, 120 Städte, Gemeinden und Kreise sowie 26 Niedersächsische Behörden, Institutionen, Kammern, Museen und elf Landschaftsverbände.

Anderer Eindruck

Einer davon ist die Braunschweigische Landschaft, zu deren Aufgaben auch die Heimatpflege zählt. „Über unsere AG Heimatpfleger stehen wir in Kontakt mit den mehr als 350 ehrenamtlichen Regionalforscherinnen und -forschern unserer Region. Diese Dichte an personifizierter Heimatverbundenheit ist ein echtes Alleinstellungsmerkmal des Braunschweiger Landes. Die Facebook-Gruppe ‚Braunschweig im Wandel der Zeit‘ hat mittlerweile mehr als 11.000 Mitglieder, die sich in oft tiefer persönlicher Verbundenheit über Braunschweiger Themen – Historisches und Gegenwärtiges – austauschen. Vor diesem Hintergrund deckt sich mein Eindruck nicht mit der Studie. Ich erkenne eine große Heimatverbundenheit mit dem Braunschweigischen“, zeigt sich auch Anna Lamprecht, Geschäftsstellenleiterin der Braunschweigischen Landschaft erstaunt über das Ergebnis der Untersuchung der Jacobs University in Bremen.

Basis sind 55 Interviews

Das Projekt „Heimatverbundenheit: Ein neuer Sozialindikator für gelungene Integration?“ wurde 2018 vom Bundesministerium des Innern (BMI) angeregt. Befragt wurden zunächst 4000 Personen mittels eines Online-Fragebogens und weitere 4506 Personen in Telefon-Interviews. Auf Basis der Antworten zu den Themen Heimat und Heimatverbundenheit wurde ein wissenschaftliches Konzept von Heimatverbundenheit mit acht Dimensionen erarbeitet: Geborgenheit, Identifikation, Ort und Landschaft, Zeit, Soziale Verwurzelung, Geistige Heimat, Heimatpflege und Abgrenzung. Für die Raumordnungsregion Braunschweig gab es 55 verwertbare Interviews.

Insgesamt ist die Heimatverbundenheit in Deutschland recht hoch. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie. Wer sich mit seiner Heimat verbunden fühle, so heißt es in der Studie, habe dementsprechend angegeben, dort ein Gefühl der Geborgenheit zu verspüren. Heimatverbundene Personen identifizierten sich mit ihrem Wohnort und den dort lebenden Menschen.

Größere Lebenszufriedenheit

Heimatverbundenheit sei vor allem „Indikator eines gelungenen Zusammenlebens der Menschen“, meint Klaus Boehnke, einer der Autoren. „Wer sich stärker mit seiner Heimat verbunden fühlt, berichtet mehr von Glück, Lebenszufriedenheit und Optimismus“, sagt der Professor für Sozialwissenschaftliche Methodenlehre. Dies gelte für sogar noch stärker für Zugewanderte als für Menschen ohne Migrationshintergrund.

Kein „rechtes“ Sentiment

Ein Resultat ist auch, dass Heimatverbundenheit kein „rechtes“ Sentiment sei. Tatsächlich stehe sie in keinem nennenswerten Zusammenhang mit dem eigenen politischen Standort: Heimatverbundene kommen ebenso aus allen politischen Lagern wie Menschen, die sich mit ihrer Heimat nicht verbunden fühlen. … Je stärker die Heimatverbundenheit desto höher ist die Zufriedenheit mit der Demokratie und das Vertrauen in die Institutionen Deutschlands.

Wenig überraschend ist, dass Heimatverbundenheit in Dörfern und Kleinstädten im Vergleich zu größeren Städten besonders ausgeprägt ist. Personen, die an Wohnorten mit mehr als 100.000 Einwohnern leben, berichten eine signifikant niedrigere Heimatverbundenheit als Menschen, die in kleineren Gemeinden leben. Möglicherweise spiele die Anonymität und Schnelllebigkeit, die das Leben in den Großstädten mit sich bringt, dabei eine Rolle, so die Studie. Bereits die Analysen auf Bundesländer- und regionaler Ebene hätten den negativen Einfluss von Bevölkerungsdichte auf Heimatverbundenheit gezeigt.

Das Ranking der Bundesländer:

  1. Saarland (76,3),
  2. Thüringen (76,1),
  3. Mecklenburg­Vorpommern (74,9),
  4. Baden­Württemberg (74,5)
  5. Bayern (74,0),
  6. Brandenburg (73,3),
  7. Sachsen (72,8),
  8. Rheinland­Pfalz (72,6),
  9. Hamburg (72,1),
  10. Sachsen­Anhalt (71,8),
  11. Niedersachsen (71,0),
  12. Schleswig­Holstein (70,7),
  13. Hessen (70,7),
  14. Nordrhein­Westfalen (69,0),
  15. Bremen (67,9),
  16. Berlin (65,6).

Die ersten zehn Regionen:

  1. Oberlausitz­Niederschlesien (83,5 Prozent Gesamtindex),
  2. Allgäu (83,2),
  3. Oberland Bayern (80,3),
  4. Südthüringen (79,8),
  5. Landshut (79,4),
  6. Südlicher Oberrhein,
  7. Schleswig­Holstein Nord (79,2),
  8. Schwarzwald­Baar­Heuberg (79,0),
  9. Osthessen (78,9),
  10. Donau­Wald (78,5).

Die letzten zehn Regionen:

87. Emscher-Lippe (67.5),
88. Bremen (67,3),
89. Rheinpfalz (66,6),
90. Starkenburg Hessen (66.5),
91. Berlin (65,6),
92. Düsseldorf (65.2),
93. Braunschweig (65,2),
94. Duisburg/Essen (64,9),
95. Westsachsen (64,7),
96. Schleswig-Holstein Süd (63,2).

Zur Studie geht es hier

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