Der breite Weg zu Gott

Gerd Winner in der Klosterkirche St. Marienberg mit seinem gewobenen Kunstwerk. Foto: Die Braunschweigische Stiftung / Andreas Greiner-Napp
Gerd Winner in der Klosterkirche St. Marienberg mit seinem gewobenen Kunstwerk. Foto: Die Braunschweigische Stiftung / Andreas Greiner-Napp

Gerd Winners Figura­tion des Heiligen Geistes wurde von der Paramen­ten­werk­statt der von Veltheim-Stiftung in Helmstedt  in einen überdi­men­sio­nierten Altar­schmuck verwan­delt.

Es sollte ein Geschenk zum 80. Geburtstag von Künstler Gerd Winner werden. Anfangs sollte alles streng geheim bleiben. Die Paramen­ten­werk­statt der von Veltheim-Stiftung in Helmstedt sollte im Auftrag der Braun­schwei­gi­schen Stiftung im Rahmen ihrer Künst­ler­eh­rung eine Zeichnung des Künstlers in einen textilen Altar­schmuck umsetzen. Der Jubilar durfte nichts erfahren. Das ließ sich natürlich nicht durch­halten! Wie denn auch, wenn ein großes Kunstwerk entstehen soll, aber der Künstler selbst dazu gar nicht gefragt wird. Statt Geheim­nis­krä­merei folgte also ein zweijäh­riger, gemein­schaft­li­cher Schaf­fens­pro­zess, an dessen Ende das bemer­kens­werte so genannte „Refor­ma­ti­ons­pa­ra­ment“ steht. Am Refor­ma­ti­onstag wurde es in der Helmstedter Kloster­kirche St. Marien­berg unter großer Aufmerk­sam­keit der Öffent­lich­keit erstmals präsen­tiert. Für Gerd Winner war es keine Überra­schung mehr, aber doch eine riesen­große Freude.

„Ich bin sehr glücklich mit dem Ergebnis und der Stiftung überaus dankbar, den Impuls für die Zusam­men­ar­beit gegeben zu haben. Ich bin beein­druckt von der Qualität, davon wie realis­tisch die Weberei gelungen ist“, sagte Winner während des Festgot­tes­dienstes. Grundlage des Paraments war seine Figura­tion des Heiligen Geistes. Angela Nedder­meyer und, in Assistenz seit Mai 2018, Dora Herrmann schufen daraus in der Paramen­ten­werk­statt das 2,32 Meter hohe und 1,50 Meter breite textile Kunstwerk in Webtechnik.

Mechthild von Veltheim, Geschäfts­füh­rerin der Paramen­ten­werk­statt und Domina des Klosters St. Marien­berg, erinnerte sich an den Ausspruch Angela Nedder­meiers, als sie die Vorlage erstmals sah:  „Sie bekam einen Schock und sagte, wie soll ich das nur umsetzen? Heute meint sie, es sei ihr Meister­stück geworden.“ Krank­heits­be­dingte konnte Angela Nedder­meyer leider nicht bei der Präsen­ta­tion ihres Werkes dabei sein. „Frau Nedder­meyer hat jeden Farbspritzer mitgewebt, darauf bestand sie“, lobte Gerd Winner. Für Mechthild von Veltheim war der Auftrag Heraus­for­de­rung und Chance zugleich. „Wir durften zeigen, was wir können“, freute sie sich über den Auftrag.

In seinem Bild hat Winner verschie­dene biblische Textstellen vereint. „Aus den Wortbildem der Bibel ist die Figura­tion des Geistes abgebildet: Feuer­säule als Exodus, brennender Dornbusch des Sinai, Spektral­farben des Regen­bo­gens, Vogelflug und Feuer­zungen des Pfingst­er­eig­nisses. Die Figura­tion des Bildwerkes ist nicht Abbild, sondern vielmehr Zeichen für die Sinnbilder der Gottes­be­geg­nungen in der Bibel und dem Neuen Testament“, schreibt der Künstler zu seinem Werk. Während der Präsen­ta­tion sagte Winner: „Das Bild zeigt den breiten Weg zu Gott.“

Das Bistum Hildes­heim und die Landes­kirche Braun­schweig erwarten von dem Refor­ma­ti­ons­pa­ra­ment auch wichtige Impulse für die Ökumene. „Dieses Parament verbindet für mich große künst­le­ri­sche Qualität mit einer theolo­gi­schen Botschaft: Ohne den Geist Gottes gab und gibt es keine Refor­ma­tion“, meint Christoph Meyns, Landes­bi­schof der evange­lisch-luthe­ri­schen Landes­kirche Braun­schweig. Propst Reinhard Heine, Domka­pi­tular des Bistums Hildes­heim, sieht darin „einen kunst­vollen Impuls für die Ökumene“.

Der Altar­schmuck soll in den nächsten Jahren sowohl in evange­li­schen wie katho­li­schen Kirchen in der Region gezeigt werden. Gefördert wird das von der Braun­schwei­gi­schen Sparkas­sen­stif­tung. Für sie und die Braun­schwei­gi­sche Stiftung erklärte Christoph Schulz, Vorstands­vor­sit­zender der Braun­schwei­gi­schen Sparkas­sen­stif­tung und Chef der Braun­schwei­gi­schen Landes­spar­kasse, dass es mit diesem Projekt gelungen sei, Geld segens­reich einzu­setzen. „Das Parament wird weiter­wirken, Menschen erfreuen und hoffent­lich inspi­rieren“, sagte er.

Die Braun­schwei­gi­sche Stiftung plant etwa 20 Stationen (u.a. Braun­schweig, Helmstedt, Holzminden, Seesen/Bad Ganders­heim, Wolfen­büttel, Salzgitter, Harz, Hildes­heim) ein. Jede Ausstel­lungs­sta­tion kann während der Ausstel­lungs­zeit zusätz­lich mit kleinen indivi­du­ellen Veran­stal­tungen, die zur Kirche und der Gemeinde passen, wie zum Beispiel einem Künst­ler­ge­spräch, belebt werden.

„Ein Geschenk zu empfangen und weiter­zu­geben, das ist eine wunder­bare Sache“, meinte Gerd Winner mit einem Augen­zwin­kern. Was mit dem Parament nach der Tour durch die Kirchen des Braun­schwei­gi­schen Landes letztlich passieren wird, ist gegen­wärtig noch unklar.

Mehr Infor­ma­tionen: www.die-braunschweigische.de

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