Eine große Kultur­leis­tung

Referent Prof. Dr. h.c. Gerd Biegel. Foto: Peter Sierigk
Referent Prof. Dr. h.c. Gerd Biegel. Foto: Peter Sierigk

Prof. Dr. h.c. Gerd Biegel referierte anläss­lich des 10-jährigen Bestehens der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz über die Stiftungs­an­fänge unter Herzog Julius.

Die Neuord­nung als Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz (SBK) vor zehn Jahren stellt die tiefgrei­fendste Verän­de­rung in der 446-jährigen Stiftungs­ge­schichte seit der Gründung durch Herzog Julius dar. Diese These vertrat Prof. Dr. h.c. Gerd Biegel, Leiter des Instituts für Braun­schwei­gi­sche Regio­nal­ge­schichte (IBR) an der TU Braun­schweig, in seinem Vortrag mit dem Titel „Die Zukunft der Vergan­gen­heit“. Es war der Auftakt zur insgesamt fünftei­ligen Reihe „Stationen der Geschichte der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz“. Das IBR würdigt damit das 10-jährige Bestehen der SBK.

Stiftungs­prä­si­dent Dr. Gert Hoffmann begrüßte die 120 Zuhörer des ersten Vortrags im voll besetzten Saal des IBR. Er führte dabei aus, dass die SBK nicht nur die schlichte Fortfüh­rung der tradi­ti­ons­rei­chen Stiftungen Braun­schwei­gi­scher Verei­nigter Kloster- und Studi­en­fonds und Braun­schweig-Stiftung unter neuem Namen sei, sondern dass der 1. Januar 2005 ein echter Neuanfang gewesen sei. „Die Stiftung hat sich da neu aufge­stellt. Seither hat sie sich quanti­tativ wie quali­tativ entwi­ckelt. Sie hat ihr Vermögen und ihre Erträge gestei­gert, neue Aufgaben wahrge­nommen und ihre Rolle als wirkli­cher Wahrer der kultu­rellen und histo­ri­schen Belange des ehema­ligen Landes Braun­schweig gefunden“, zog er Bilanz.

Prof. Dr. h.c. Gerd Biegel unter­strich in seinem folgenden Vortrag, dass mit der neu geschaf­fenen SBK die insti­tu­tio­nelle Konti­nuität braun­schwei­gi­scher Identität und Kultur gewahrt geblieben sei. Am 1. Januar 1569 hatte Herzog Julius, so erklärte Biegel die Anfänge, eine neue Kirchen­ord­nung erlassen, in der auch für die Zukunft von Stiften und Klöstern wichtige Neure­ge­lungen getroffen wurden. Mit der Übergabe der Kloster­an­ge­le­gen­heiten in die Hände fürst­li­cher Beamte habe Herzog Julius den Grund­stock gelegt zum Kloster- und Studi­en­fonds.

In den Bestim­mungen des Fonds wurde nicht nur die Priorität des Bildungs­we­sens deutlich, sondern auch das Ziel der Gründung einer Univer­sität. Aus Sparsam­keits­gründen wurde zunächst eine Hohe Landes­schule in Ganders­heim zum 18. März 1571 eröffnet. 1574 wurde sie nach Helmstedt verlegt und mit einem Privileg von Kaiser Maximi­lian II. als Univer­sität begründet, die am 15. Oktober 1576 eröffnet wurde.

Biegel strich heraus, dass Stiftungs­be­sitz nicht nur „Vermögen“ bedeute, sondern in noch größerem Maße auch „Verpflich­tung“. Er referierte: „Bewahren des kultu­rellen Erbes, zu dem etwa der Kaiserdom Königs­lutter oder St. Marien­berg in Helmstedt gehören, Förderung von Wissen­schaft und Bildung z. B. der Techni­schen Univer­sität Braun­schweig oder des Instituts für Braun­schwei­gi­sche Regio­nal­ge­schichte, und Kultur, z. B. des Braun­schwei­gi­schen Landes­mu­seums, aber auch vieler großer Ausstel­lungs­pro­jekte, Musik, Künstler, Publi­ka­tionen, die Verant­wor­tung für soziale Werke sowie die Entwick­lung von Zukunfts­per­spek­tiven für unsere Region und die in ihr lebenden und tätigen Menschen sind einzig­ar­tige Aufgaben und Ziele, die ihre fördernde Grundlage und das Verständnis staat­li­cher Verant­wor­tung vor 446 Jahren in einzig­ar­tiger Form fanden und diese Verpflich­tung hat bis heute nichts an Wert und Bedeutung eingebüßt.“

Rückbli­ckend auf die Geschichte ließe sich, so Biegel weiter, feststellen, dass sich das Anliegen von Herzog Julius, in Kunst, Kultur, Bildung, Wissen­schaft und Soziales mit einer Stiftung dauerhaft zu inves­tieren, über 400 Jahre erhalten und bewährt habe. Damit sei eine der größten Kultur­leis­tungen der Braun­schwei­gi­schen Regio­nal­ge­schichte geschaffen worden. Sie habe zahlreiche Kriegs­er­eig­nisse, staat­liche Verän­de­rungen, europäi­sche Brüche und Umbrüche, das Ende der Monarchie und selbst den Verlust der Eigen­stän­dig­keit des Landes Braun­schweig mit der Gründung des Landes Nieder­sachsen überdauert.

„Gravie­rend aber war die Auflösung der Bezirks­re­gie­rungen im Land Nieder­sachsen zum 1. Januar 2005. Mit dieser völlig neuen Situation der Verwal­tungs­struktur im Land stellte sich die grund­sätz­liche Frage, wie die Konti­nuität der kultu­rellen und histo­ri­schen Identität der Regionen Nieder­sach­sens bewahrt werden könnte als wichtiges Element für die gesell­schaft­liche und wirtschaft­liche, aber auch identi­täts­stif­tende Entwick­lung des Landes Nieder­sachsen“, sagte Biegel.

Die Antwort mit der Gründung der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz war nach Auffas­sung von Prof. Dr. h.c. Biegel eine sehr gute. „Hat das histo­ri­sche Braun­schweiger Land ein reiches Kultur­erbe hinter­lassen, so hat es mit der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz einen bedeu­tenden Verwalter und Bewahrer dieses Erbes, der 446 Jahre alt und doch äußerst jugend­lich aktiv ist“, schloss er seinen Vortrag.

Die weiteren Termine:

12. April, 11.30 Uhr: „Memoria und Pia Causa“. Anfänge des Stiftungs­we­sens im Mittel­alter.

31. Mai, 11.30 Uhr: „Bildung und Wissen­schaft“. Herzog Julius geht stiften – die Kirchen­ord­nung von 1569.

7. Juni, 11.30 Uhr: „Die Bildung unserer Kinder ist die Zukunft unseres Staates“. Vom Kloster- und Studi­en­fonds zur Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz.

5.Juli, 11.30 Uhr: „… zum Andenken der frohen Rückkunft des Herzogs“. Europäi­sche Geschichte und „Braun­schweigs Stiftung zum Andenken des 6ten Februars 1794“

Alle im Institut für Braun­schwei­gi­sche Regio­nal­ge­schichte (IBR) an der Techni­schen Univer­sität (Fallers­leber-Tor-Wall 23). Der Eintritt ist frei.

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