Eisen­kon­struk­tion aus der Gründer­zeit

Die Pockelsbrücke, Südostansicht. Foto: Arnhold
Die Pockelsbrücke, Südostansicht. Foto: Arnhold

Braun­schweigs Brücken, Folge 5: Die Pockels­brücke stellt seit 1877 die direkte Verbin­dung zwischen Techni­scher Univer­sität und Innen­stadt her.

 Das neue, moderne Haupt­ge­bäude der Techni­schen Univer­sität war 1877 endlich bezugs­fertig. Die Studenten aus der Innen­stadt, die zuvor am Bohlweg in beengten Verhält­nissen hatten lernen müssen, konnten schon damals unmit­telbar über die Oker mühelos zu ihren nun in großzü­gigen Räumen gehal­tenen Vorle­sungen gelangen. Denn bereits sechs Jahre zuvor war nach den Plänen von Constantin Uhde eine reprä­sen­ta­tive Brücke über den östlichen Umflut­graben errichtet worden. Seit 1998 ist sie für den Autover­kehr gesperrt. Zum Glück, denn sonst hätte sie wie so viele andere Okerbrü­cken wohl ihren so bezau­bernden Charme verloren. Der Fahrbahn­belag besteht noch heute aus Holzbohlen.

Die Brücke war damals noch namenlos. Sie führte lediglich die Neue Promenade (bis 1904) über die Oker. Erst 1905 wurde die Promenade schließ­lich in Pockels­straße umgetauft. Namens­geber war übrigens nicht die Wissen­schaft­lerin Agnes Pockels (1862 – 1935), wie man denken könnte. Sie wäre viel zu jung dafür gewesen. Die Straße und damit die Brücke wurden vielmehr nach Wilhelm Pockels benannt, der von 1879 bis 1904 Braun­schweigs Oberbür­ger­meister war. Pockels war ein bedeu­tender Mann. In seiner Ägide wurde die Kanali­sa­tion in der Stadt einge­ri­chet, das Rathaus gebaut, der Haupt­friedhof eröffnet und die Stadt­er­wei­te­rung voran­ge­trieben. Unter ihm kletterte die Stadt erstmals über die 100.000 Einwoh­ner­marke. Er hat es also mehr als verdient, dass Brücke und Straße seinen Namen tragen.

Die 1871 errich­tete Brücke Pockels­straße führt über den östlichen Umflut­graben und verbindet den Wallring (Fallers­leber-Tor-Wall) mit der Pockels­straße und dem Forums­platz der TU. „Sie gehört zu den Brücken, die in den so genannten Gründer­jahren völlig neu errichtet wurden“,  erklärt der renom­mierte Bauhis­to­riker Elmar Arnhold, der auch Stadt­teil­hei­mat­pfleger der Innen­stadt ist. In Koope­ra­tion mit ihm stellt der „Der Löwe – das Portal der Braun­schwei­gi­schen Stiftungen“ alle 22 inner­städ­ti­schen Brücken in monat­li­cher Folge vor.

Der Architekt Uhde gehört zu den wichtigsten Baumeis­tern des Histo­rismus in Braun­schweig. Er gestal­tete die Pockels­brücke als genietete, bogen­för­mige  Eisen­kon­struk­tion die nach mehreren Repara­turen und Sanie­rungen unver­än­dert trägt. Die Wider­lager liegen stabil auf Werkstein­mau­er­werk. Zum Versteifen sind im unteren Bogen der Brücke kreuz­för­mige Eisen­bänder einge­zogen, die die Lasten zu den Wider­la­gern abtragen. Mit Ausnahme des ornamental gestal­teten Geländers gibt es keine weiteren dekora­tiven Elemente. Die Brücke sei in ihrer Schlicht­heit ein schönes Beispiel für den Ingenieurbau des 19. Jahrhun­derts, erläutert Arnhold.

Uhde schuf in Braun­schweig unter anderem auch die Entwürfe für das heutige TU-Altge­bäude, die im Novem­ber­po­grom 1938 vernich­tete Synagoge, die Villen Löbbecke und Rimpau sowie das Bankhaus Löbbecke.

Fakten

Länge: 24,06 m

Breite: 8,36 m

Umbauten/Reparaturen: Wieder­her­stel­lung nach Kriegs­schaden (1946),  umfas­sende Sanierung 1998/99

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