Stadtmauer wird wieder aufgebaut
Das Architekturbüro Kleineberg erarbeitet Projektstudie für eine attraktive, museale und touristische Präsentation.
Braunschweig soll eine weitere archäologische Attraktion erhalten, die die Geschichte der Stadt in besonderer Weise hervorhebt. Geplant ist, den Stadtmauerfund von der Wendenstraße aus dem Jahr 2011 in der Nähe des Fundorts wieder aufzubauen und attraktiv zu präsentieren. Das zwölf Meter lange und zwei Meter hohe Mauerstück aus Rogenstein vom Nußberg könnte Ausgangspunkt eines angedachten Mittelalter-Pfades durch Braunschweig werden. An so einem Masterplan arbeitet gegenwärtig im Auftrag der Stadt das Architekturbüro Uwe Kleineberg aus Braunschweig.
„Wir erwarten eine erste Präsentation Mitte dieses Jahres“, sagt Heinz Kudalla, Denkmalpfleger bei der Stadt Braunschweig. „Der Wiederaufbau der Stadtmauer wäre einmalig in dieser Form“, verdeutlicht er. Bei der Grabung an der Wendenstraße wurden erstmals nicht nur Fundamente der Stadtmauer, sondern auch Mauerteile selbst freigelegt.
Die Steine wurden sorgsam nummeriert und abgetragen. Gegenwärtig werden sie auf dem städtischen Bauhof am Westbahnhof gelagert und warten auf ihre Wiederverwendung. Der Umfang und die gute Qualität der gefundenen Mauerreste hatten die Archäologen während der Ausgrabungen überrascht und begeistert. Denn die Stadtmauer ist eine der ältesten und größten Stadtmauern Norddeutschlands. Sie wird bereits im Evangeliar Heinrichs des Löwen erwähnt.
Das Architekturbüro Kleineberg gilt im Umgang mit wertvoller, historischer Bausubstanz und vor allem bei der geschichtlichen Vermittlung als erste Adresse. Die Braunschweiger können auf eine beeindruckende Referenzliste verweisen. Da sind unter anderem das Konzentrationslager Buchenwald, der Rammelsberg in Goslar, das Kloster Walkenried und das Höhlen-Erlebniszentrum Bad Grund aufgeführt. Zur Finanzierung der Planungsstudie gewähren die Richard Borek Stiftung und die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz Zuschüsse.
Ein unter dem Mauerfundament entdeckter Holzbalken wurde als Teil eines mittelalterlichen Baukrans identifiziert. Das Fällungsalter wurde wissenschaftlich auf 1178 bestimmt. Damit steht fest: Auftraggeber dieses Mauerstücks war Heinrich der Löwe. „Für die Stadtgeschichte ein phänomenales Ergebnis“, kommentierte Dr. Michael Geschwinde, Bezirksarchäologe am Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege, den Fund während eines so genannten „Startergesprächs“.
Der neue Standort der historischen Stadtmauer soll nach Möglichkeit auf dem öffentlich zugänglichen, städtischen Grundstück im Winkel zwischen Bossel- und Wendenmühlengraben liegen. In einem Papier heißt es dazu: Beim Wiederaufbau gilt es, die besondere historische Bedeutung der Stadtmauer herauszuarbeiten und die Mauer unter Einbeziehung technischer, didaktischer, denkmalpflegerischer, musealer und touristischer Aspekte zu präsentieren und zu inszenieren. Das Mauerstück soll auch aus der Distanz, etwa vom lnselwall und Gaußberg aus, sichtbar sein.
Das weitergehende Ziel, den Stadtmauerfund in einen „archäologischen Pfad“ zu integrieren, will die Stadt nicht aus den Augen verlieren. Der Pfad soll in den Überlegungen des Architekturbüros Kleineberg von Anfang an berücksichtigt werden. Stationen dieses Weges könnten unter anderem die erhaltenen Stadtmauerreste am Prinzenweg und am Inselwall sein, auch der Wehrgang und ein Wehrturmstumpf an der Echternstraße, die Markierung des Bodenfunds „Hohe Tor“ im Verlauf der Sonnenstraße, die zu Aussichtsbergen und Parks umgeformten Bollwerke der Bastionärsbefestigung sowie auch der innere und der äußere Umflutgraben der Oker.