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Große Männer auf kleinstem Raum

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Objekt des Monats, Folge 7: Ein Kaiser und ein Herzog auf zwei Schnupftabakdosen aus der Lackwarenmanufaktur Stobwasser

Dem Betrachter den Rücken zugewandt, steht Napoleon Bonaparte (1769–1821) mit nach vorn verschränkten Armen auf einem Felsvorsprung und blickt auf das weite Meer. Ob es ein nachdenklicher, gelangweilter oder gar wehmütiger Blick ist, bleibt der Fantasie des Betrachters überlassen. Dass es sich um den berühmten französischen Kaiser und Feldherren handelt, lässt sich allein anhand der typischen Uniform mit Säbel und Zweispitz erkennen. Die detailliert gemalte Darstellung zeigt Napoleons letzten Lebensabschnitt in der Verbannung auf St. Helena. Möglichst weit weg von Europa sollte er als britischer Gefangener nach der Schlacht von Waterloo am 18. Juni 1815 gebracht werden. Die abgeschiedene Vulkaninsel im Südatlantik schien für ein Leben im Exil nahezu prädestiniert. So verbrachte Napoleon seine letzten Jahre in der Einöde, wo er 1821 verstarb.

Mehr als nur eine Dose

Die Ära Napoleons fand insbesondere in der Kunst der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts großen Widerhall. Auch bei den Malern der berühmten Braunschweiger Lackwarenmanufaktur Stobwasser. Zwischen 1760 und 1860 wurden zumeist flache Schnupftabakdosen in der Regel aus Pappmaché, aber auch aus Holz oder Metall hergestellt. Immer wieder wurden Themen rund um den berühmten Feldherren aufgegriffen. Als Vorlage dienten Zeichnungen, Druckgrafiken oder Gemälde. Ein mit dem auf der Stobwasserdose nahezu identisches Werk, stellt ein Aquarell des deutsch-französischen Landschaftsmalers Franz Joseph Sandmann (1805–1856) dar, das vermutlich als Vorbild diente.
Ausgeführt wurden die kleinen Kunstwerke auf den Schnupftabakdosen in Öllackfarben und im Anschluss mit einem Klarlack glänzend versiegelt. Im Rund-, Oval- oder Rechteck der Dosendeckel lassen sich eine Vielzahl an Motiven finden: Neben Porträts berühmter Persönlichkeiten finden sich unter anderem diverse Landschaftsdarstellungen, biblische und mythologische Szenen, Gegebenheiten des Alltags, sogenannte Genreszenen, oder miniaturhafte Kopien berühmter Gemälde aus Renaissance und Barock. Aufgrund ihrer aufwendigen Herstellung handelte es sich bei den Schnupftabakdosen nicht nur um nützliche Gebrauchsgegenstände, sondern vor allem auch um kostspielige Artikel, die meist nur wohlhabenderen Schichten vorbehalten waren.

Die Darstellung auf einer aus Weißblechdose zeigt den schwer verwundeten Schwarzen Herzog während der Schlacht von Quatre-Bras. Foto: Schlossmuseum Braunschweig

Der Schwarze Herzog

Ebenfalls beliebte Motive waren bedeutende zeitgeschichtliche Ereignisse wie beispielsweise die Schlachten der Napoleonischen Befreiungskriege. Dazu gehört auch die berühmte Schlacht bei Quatre-Bras zwischen den Alliierten und den Franzosen am 16. Juni 1815, bei der Herzog Friedrich Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg-Oels (1771–1815), auch „Schwarzer Herzog“ genannt, nur zwei Tage vor der großen Schlacht bei Waterloo ums Leben kam. Die Darstellung auf einer aus Weißblech gearbeiteten Dose zeigt im Vordergrund den auf seinem Pferd zusammengesackten und an seiner schwarzen Uniform erkennbaren, schwer verwundeten Herzog. Er hat eine Hand auf seine blutende Schusswunde gelegt. Umgeben wird er von einem Reitertrupp, Mitglieder der „Schwarzen Schar“, dessen Heerführer er war und die er 1809 auf private Kosten hatte aufstellen lassen. Im Hintergrund der Szenerie ist das Schlachtfeld mit den kämpfenden Truppen zu sehen.

Bereits vor seinem Tod wurde Friedrich Wilhelm als Freiheitskämpfer von der Bevölkerung verehrt. Dazu hatten insbesondere die Erstürmung von Halberstadt am 29. Juli 1809 und das Gefecht bei Ölper am 1. August desselben Jahres beigetragen. Als Held im Kampf gegen Napoleon ist er unzählige Male als beliebtes Motiv auf Schnupftabakdosen verewigt.

Beide Objekte aus der Sammlung der Richard Borek Stiftung sind noch bis zum 4. November in der Ausstellung im Weißen Saal des Schlossmuseums Braunschweig zu sehen. Öffnungszeiten: Dienstag, Donnerstag bis Sonntag: 10 –17 Uhr, Mittwoch: 13 – 20 Uhr.

 

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