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KinderKlassik gibt Kindern den Raum, mit und an Musik zu wachsen

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Vor neun Jahren gründete sich der Verein KinderKlassik in Braunschweig. Das Ziel: Kindern klassische Musik näherbringen und Konzerte für Kinder organisieren – nicht nur als Zuhörer, sondern auch als Musizierende. Seitdem hat der Verein zahlreiche Konzerte und Aufführungen organisiert …

Die kleine Runde am Esstisch der Vorsitzenden Ilka Schibilak hat gute Laune, als wir für ein Gespräch dazu stoßen. Mitten in Braunschweig, nicht weit entfernt vom Herzog Anton Ulrich-Museum lebt die Musikpädagogin, die vor neun Jahren die Idee für KinderKlassik hatte und diesen gemeinsam mit einigen Berufskollegen und -kolleginnen ins Leben rief. Im Mittelpunkt stehen, auch an diesem Nachmittag, junge Nachwuchsmusikerinnen und -musiker. Mit Charlotte Warstat, 18 Jahre, und July Riemann, 16 Jahre, sitzen zwei Mitglieder des Jugendvorstands mit am Tisch. Dazu gesellt haben sich außerdem Aaron, 12 Jahre, und die „Notenfee Fasola“, die eigentlich Luzia heißt und 7 Jahre alt ist.

Aaron, July, Luzia und Charlotte sind im Verein KInderKlassik aktiv. Foto: Der Löwe

Die Notenfee ist eines der Wiedererkennungsmerkmale des Vereins. In den Konzerten entdeckt sie, stets von einer der Musikerinnen dargestellt, die Welt der Noten und Musikstücke. Mit ihren Erlebnissen bilde sie während der Konzerte zwischen den Stücken der jungen Musiker und Musikerinnen thematische Brücken, ihre Texte schreiben die Kinder selbst. Seit 2020, dem Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland, verkörpert Luzia die Fee und stellt anderen Musikern in einem Videoformat, das auf der Webseite des Vereins veröffentlicht wird, Feenfragen zu ihren Instrumenten, ihrer Liebe zur Musik und den Beweggründen, Musik zu ihrem Lebensinhalt zu machen. „Nach dem Abitur endet für die Jugendlichen ihre aktive Zeit im Verein, aber mit vielen bleiben wir in Kontakt und binden sie in unsere regelmäßigen Konzerte ein“, erzählt Schibilak.

Derzeit besteht der Verein aus ungefähr 20 Nachwuchsmusikern ab dem Grundschulalter, hinzu kommen rund 50 erwachsene Mitglieder, die den Verein mal passiv, mal aktiv unterstützen – freiberufliche und angestellte Musikpädagog:innen, Eltern, Ehemalige und Förderer. Sie bilden das Netzwerk, durch das immer wieder Nachwuchs an klassische Musik herangeführt wird.

Von Kindern für Kinder

Konzerte und Auftrittsmöglichkeiten zu organisieren ist die Hauptaufgabe des Vereins. Aber es ist nicht nur das. Wer July, Charlotte und Aaron zuhört, bekommt einen Eindruck davon, wie vielfältig die Aufgaben sind, die sie übernehmen. „Wir waren zum Beispiel früher in Kindergärten zu Besuch, um unsere Instrumente zu zeigen und den Kindern klassische Stücke vorzuspielen. Das hat allen immer viel Spaß gemacht und manchmal haben die Kinder uns dann erzählt, dass sie selbst gerne ein Instrument lernen möchten“, sagt Charlotte. Und July ergänzt, dass nicht alle Familien die Möglichkeit haben, ihren Kindern den Unterricht zu finanzieren – aber der Kontakt mit der Musik, das Erlebnis, sei ebenfalls wichtig. Als Jugendvorstandsmitglieder sind sie außerdem dafür verantwortlich, die Social Media-Auftritte zu pflegen, Flyer und Programmhefte zu gestalten und den Kontakt zu den jüngeren Kindern zu halten. „Manche trauen sich noch nicht, ihre Ideen für ein Stück oder den Ablauf eines Konzerts, den Erwachsenen zu erzählen. Vor uns fällt ihnen das leichter. Außerdem sind wir während der Auftritte für sie da“, so July. Aaron entwächst gerade aus den Reihen der Jüngeren und übernimmt immer mehr Aufgaben, gibt Interviews und hilft beim Gestalten von Flyern.

July und Charlotte sind im Jugendvorstand von KinderKlassik. Foto: Der Löwe

Bei den Auftritten, so wie beim jährlichen Highlight in Schloss Richmond, packen schließlich alle mit an. Sie bauen Stühle und Bänke auf, organisieren und kümmern sich um die Deko und Technik und moderieren die Veranstaltungen. „Eigentlich machen die Kinder alles selbst. Bei uns können sie sich ausprobieren und lernen, dass die Musikbranche mehr ist, als bei einem Konzert sein eigenes Stück zu spielen. Für den Fall der Fälle und bei Fragen gibt es uns Erwachsene im Vereinsvorstand“, sagt Schibilak.

Zu den Sommerkonzerten von KinderKlassik gehören kurze Theater- und Tanzeinlagen. Die Texte kommen, wie auch die Themenideen, oft von den Kindern selbst. Foto: KinderKlassik e. V.

Die Erwachsenen bleiben im Hintergrund

Die Musikpädagogin Ilka Schibilak hatte die Idee für einen Verein, der Nachwuchmusiker:innen fördert. Foto: KinderKlassik e. V.

Ebendieser kümmert sich um die Finanzierung der Projekte. Er schreibt Förderanträge, wirbt um Spenden und hält den Kontakt zur Kulturförderung der Stadt. Denn ohne die Unterstützung zahlreicher Stellen ginge es nicht. „Die Miete eines Flügels kostet 1.500 Euro. Wir bekommen ihn von Grotrian-Steinweg gestellt, müssen aber die Kosten für den Transport übernehmen“, berichtet Schibilak. Das sei für die Konzerte kein unwesentlicher Kostenpunkt, dazu kommen Raummieten, Kostüme und Werbung. Der Kiwanis Club Deutschland schenkte dem Verein vor einiger Zeit einen Digitalflügel, mit dem das Reisen etwas einfacher ist – und ein ganz neues Projekt möglich macht.

KinderKlassik richtet Konzerte für Nachwuchsmusiker aus, spielt aber auch auf Festivals und unterstützt weitere Kulturveranstaltungen. Da in den vergangenen Jahren keine Besuche in Kindergärten und Pflegeheimen möglich waren, entstand die Idee einer Open-Air-Konzertreihe für Privatpersonen, unterstützt von der Braunschweigischen Stiftung: Der Digitalflügel ging auf Reisen. Ein kleines Programm junger Profis, das auch in Gärten, Sackgassen und Wohnanlagen funktioniert. „Die Jüngeren haben oft noch nicht genug Repertoire, um eine dreiviertel Stunde am Stück zu spielen. Außerdem mussten wir lange auf die Personenanzahl achten“, erzählt Charlotte. Auch 2022 soll der Flügel wieder unterwegs sein, aber erst im Anschluss an die traditionellen Sommer-Konzerte in Schloss Richmond im Mai.

Als während der Corona-Pandemie kaum reguläre Konzerte möglich waren, verlegte KinderKlassik Auftritte an die frische Luft. So wurde das Konzert in einer Sackgasse zu einem Erlebnis für die ganze Nachbarschaft. Foto: KinderKlassik e. V.

Anton Diabelli übernimmt Schloss Richmond

Im vergangenen Jahr verteilten sich die Zuschauer im Park des Schlosses und verfolgten die Darbietungen von Stühlen, Bänken und Picknickdecken aus. „Das Schloss ist ein Juwel und wir sind immer wieder dankbar, dass wir es für unsere Konzerte nutzen dürfen. Dieses Jahr sind fünf Konzerte an drei Tagen geplant“, sagt Schibilak. Hauptthema ist der österreichische Komponist Anton Diabelli, der auf der Bühne von Aaron verkörpert wird. Im Vorjahr gab es eine Aufführung des Braunschweiger Karnevals der Tiere, Variationen von Camille Saint-Saëns „Karneval der Tiere“. Ein Stück über Beethoven, das die Kinder für 2020 geschrieben und geprobt hatten, konnte durch die Corona-Pandemie 2020 nicht aufgeführt werden. Immer dabei: Die Fee Fasola, deren Name sich aus den Tonfolgen Fa-So-La der Solmisation ableitet. Neben ihrem Wiedererkennungswert erleichtert sie den Kindern im Publikum, sich mit den Stücken zu identifizieren, ohne dabei zu kindlich zu wirken.

Die Konzerte und Auftritte geben den Kindern und Jugendlichen einen Anreiz, sich weiter zu entwickeln. Foto: Der Löwe

„Die Kinder müssen jeweils nur ihr Stück mit ihren Pädagog:innen üben und ein wenig Text einstudieren. So ist der Probenaufwand für alle zusammen sehr gering“, erklärt Charlotte. Denn mitmachen können nicht nur Kinder aus Braunschweig, sondern auch aus den umliegenden Städten und Landkreisen. Das Einzugsgebiet umfasst gut 50 Kilometer, auch Kinder aus Helmstedt, Salzgitter, Wolfsburg, Wolfenbüttel und Peine sind dabei. Und wenn jemand mal keine Lust hat öffentlich aufzutreten? Dann ist das auch kein Problem, denn die Mitgliedschaft verpflichtet nicht zum Spielen vor Publikum. „Aber das macht Spaß und ist etwas ganz anderes, als wenn nur meine Eltern zuhören“, findet Aaron.
Wie viele andere Nachwuchsmusizierenden spielt er mehr als ein Instrument – neben Klavier noch Oboe – und ist außerdem sportlich aktiv. Der Umgang mit Musik, das Engagement im Verein und die vielseitigen Erlebnisse wirken sich auf Sicht von Schibilak positiv auf die Kinder aus. Viele Ehemalige haben die Bühne als ihren Bestimmungsort entdeckt – wenn nicht als Musizierende, dann als Schauspieler:in und ähnliches.

Die Ideen gehen nicht aus

Um wieder mehr Kindern den Kontakt zur klassischen Musik zu ermöglichen, arbeitet KinderKlassik in Kooperation mit der TU Braunschweig und Lehramtstudierenden an Konzepten, wie Musik in den Schulen gefördert werden könnte. Es entstehen zudem Ideen für neue Kindergarten-Projekte. „Wir hatten im Kindergarten Flötenunterricht“, erinnert sich Charlotte und Aaron erzählt von Trommelstunden in seiner Kindertagesstätte. „Oh ja, da hast du Rhythmusgefühl entwickelt“, sagt Schibilak. Das früh in der Kindheit zu lernen, sei wichtig, um es zu verstehen und zu verinnerlichen. Je früher, desto besser – auch wenn es zum Erlernen eines Instrumentes keine Altersgrenze gibt. „Stimmt“, wirft July ein, „meine sechsjährige Klavierschülerin hat schneller Noten gelernt, als viele meiner Mitschüler:innen.“ Und im Gegensatz zu ihren Klassenkameraden falle es der Grundschülerin leicht.

Mit einem gestifteten Digitalflügel reist der Verein durch das Braunschweiger Land und gibt Konzerte für private Gastgeber – in Gärten, Parks und Wohnzimmern. Foto: KinderKlassik e. V.

Flexibel und ungebunden

So wie die Mitglieder aus unterschiedlichen Orten kommen, so ist auch der Verein für seine Konzerte nicht an Orte gebunden. Neben dem Schloss Richmond gehörte das Café Haertle am Staatstheater jahrelang zu den wiederkehrenden Plätzen, an denen KinderKlassik zu Gast war. Immer montags spielten die jungen Musiker:innen dort in der Vorweihnachtszeit. Doch das Café hat in der Pandemie seine Öffnungszeiten geändert; ob es die Winterkonzerte weitergeben wird, ist noch nicht entschieden. Zu den ungewöhnlichsten Orten, an denen KinderKlassik schon Konzerte organisiert hat, gehören der BTHC-Tennisplatz und das Hallenbad in Wolfsburg. Nur auf dem Brocken haben sie noch nicht gespielt. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.

KinderKlassik SommerKonzerte 2022

Das Braunschweiger Schloss Richmond gibt den Sommerkonzerten der Nachwuchsmusiker:innen einen einzigartigen Rahmen. Foto: KinderKlassik e. V.

  • Freitag, 20. Mai, 18 Uhr
    „Cantabile, cantabile!“ mit Anna Gottschlich (Violine) und Max Mostovetski (Pianist).  Mastovetski (Klavier)
  • Samstag, 21. Mai, 12 Uhr
    „Flautissimo“ unter der Leitung von Madoka Takayanagi.
  • Samstag, 21. Mai, 18 Uhr
    „Zwischen Virtuosität und Herzensklängen“: Ein Konzert mit Tabea Wink, Paul Kreitz und weiteren.
  • Sonntag, 22. Mai, 11 Uhr
    „Romantik im Schloss“: Nachwuchsmusizierende laden ein zu Musik und Poesie.
  • Sonntag, 22. Mai, 15 Uhr
    „Die Notenfee Fasola tanzt Diabelli“,
    Werke von Anton Diabelli, für alle ab fünf Jahren.

Kontakt

Geschäftsstelle
KinderKlassik.com e. V.
Helmstedter Str. 154
38102 Braunschweig

Mobil: +49 (0) 160 / 7350467
E-Mail: info@kinderklassik.com
kinderklassik.com

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