Mit Chirurgie-Nadeln gegen den Verfall

Kulturgut gesichert: Der Sarg des „Schwarzen Herzogs“ wurde in akribi­scher Klein­ar­beit restau­riert und ist vom 16. Juni an wieder in der Gruft des Doms zu besich­tigen.

Pünktlich zum 200. Todestag des „Schwarzen Herzogs“ ist die Restau­rie­rung seines Sarges im Dom abgeschlossen. Die Krypta war für die diffi­zilen Arbeiten von Mitte Februar an geschlossen. Vom 16. Juni an ist die Gruft nun wieder für die Öffent­lich­keit zugäng­lich. An dem Tag wird während der 17 Uhr-Andacht im Dom an den einst so geschätzten Herzog Friedrich Wilhelm erinnert. Danach kann der aufwändig restau­rierte und wertvolle Sarg besich­tigt werden.

700 Stunden haben die akribi­schen Textil­re­stau­ra­to­rinnen der Paramen­ten­werk­statt der von Veltheim-Stiftung an dem mit schwarzem Samt überzo­genen und reich verzierten Sarg gearbeitet. Er wies erheb­liche Schäden auf. Gründe dafür waren jahres­zeit­liche Schwan­kungen des Raumklimas und der zeitbe­dingte Alterungs­pro­zess. Zu allem Überfluss hatten auch Souve­nir­jäger über die Jahre für erheb­liche Fehlstellen gesorgt.

Sabine Kießler und ihre Kollegin Andrea Stadler mussten sehr behutsam und mit extrem filigranen Werkzeugen, wie beispiels­weise augen­chir­ur­gi­schen Nadeln, zu Werke gehen. „Teilweise zerfielen Stellen, die wir anfassten, schlicht zu Staub“, beschreiben die Textil­re­stau­ra­to­rinnen die Probleme.

„Wir haben aber die Substanz gesichert und gefestigt. Der Seiden­bezug wurde abgenommen gereinigt und neu fixiert. Fehlstellen wurden ergänzt“, berichtet Sabine Kießler von der Arbeit. Die Metall­borten wurden nach ihrer Bearbei­tung mit Seiden­gaze überzogen und wieder am Sarg montiert. So konnte so viel möglich der  Origi­nal­sub­stanz erhalten werden.

Für die Holz- und Mettall­ar­beiten zeichnet Diplom-Restau­rator Jens Klocke verant­wort­lich. Die Metall­teile des Sarges – die Lorbeer­blätter an den Seiten, die Trage­griffe und die Nägel – wurden gereinigt und glänzen wieder. Das stellen­weise angeschla­gene Holz wurde gesichert und retuschiert, so dass wieder ein stimmiges Gesamt­bild entstanden ist.

Die sehr gelungene Restau­rie­rung hat rund 42.000 Euro gekostet. Neben einer Spendenak­tikon des  Initia­tors der Restau­rie­rung, dem Herzog­lich Braun­schwei­gi­schen Feldcorps, und einem Beitrag der Dombau­stif­tung hat sich die Richard Borek Stiftung besonders stark einge­bracht. Seit 1992 waren die Versuche der unbedingt nötigen Restau­rie­rung geschei­tert.

„Der Schwarze Herzog war zu seiner Zeit eine heraus­ra­gende Persön­lich­keit für Braun­schweig. Mit der Restau­rie­rung des Sarges wird ein bedeu­tendes Stück Kulturgut des alten Landes Braun­schweig für die nachfol­genden Genera­tionen erhalten“, nennt Erika Borek den Grund für das außer­ge­wöhn­li­chen Engage­ment.

Der „Schwarze Herzog“ war am 3. Juli 1815 in der Gruft des Domes unter großer Anteil­nahme der Bevöl­ke­rung beigesetzt worden. Am 16. Juni 1815, zwei Tage vor der Schlacht bei Waterloo, war er im Kampf gegen Napoleon gefallen. Dem Freiheits­kämfer Friedrich Wilhelm ist die aktuelle Ausstel­lung des Landes­mu­seums „Wann ist ein Held ein Held?“ gewidmet, seiner Frau Marie vom 26. Juni bis 25. Juni 2016 die Ausstel­lung „Die Frau an seiner Seite“ im Schloss­mu­seum.

Friedrich Wilhelm war in seiner Zeit europä­isch bedeutend und in der Bevöl­ke­rung sehr beliebt, berichtet  Hans Kolmsee vom Herzog­lich Braun­schwei­gi­schen Feldcorps. „Der Schwarze Herzog setzte mit seinem erfolg­rei­chen Marsch nach England 1809 ein erstes Zeichen gegen Napoleon. Darüber hinaus war er sehr volks­tüm­lich, sprach Platt und ging beispiels­weise mit seinen Kindern auf dem Bohlweg spazieren“, nennt Kolmsee Gründe für die Popula­rität des „Schwarzen Herzogs“, die bis heute ein Stück weit gehalten hat.

Das Herzog­lich Braun­schwei­gi­sche Feldcorps, einst die tapfere Truppe des „Schwarzen Herzogs“, ist heute ein Verein. Es lässt es sich nicht nehmen, am 16. Juni 2015 die Ehren­wache für ihren einstigen stolzen Herren zu stellen.

Weitere Texte in „Der Löwe“ zum Schwarzen Herzog:

https://www.der-loewe.info/ein-braunschweiger-nationalheld/

https://www.der-loewe.info/braunschweiger-loewe-in-neuem-glanz/

https://www.der-loewe.info/die-frau-an-seiner-seite/

Fotos

Das könnte Sie auch interessieren

  • Jetzt ist der Sarg wieder schwarz

    Jetzt ist der Sarg wieder schwarz

    Aufwän­dige Restau­rie­rung recht­zeitig zum 200. Todestag des „Schwarzen Herzogs“ mit einer Andacht im abgeschlossen. In einer würde­vollen Veran­stal­tung im Braun­schweiger Dom wurde dem 200. Todestag von Herzog Friedrich Wilhelm von Braun­schweig-Oels (1771–1815) gedacht. Gleich­zeitig wurde der renovierte Sarg des „Schwarzen Herzogs“ in der Krypta wieder der Öffent­lich­keit zugäng­lich gemacht. Weiterlesen

  • „Das Haus Braun­schweig hat aufgehört zu regieren“

    „Das Haus Braun­schweig hat aufgehört zu regieren“

    Vom letztlich doch erfolg­rei­chen Kampf der Braun­schwei­gi­schen Herzöge Carl Wilhelm Ferdinand und Friedrich Wilhelm gegen Napoleon. Es waren stürmi­sche Zeiten, ausgelöst von den Unruhen in Frank­reich, die sich 1789 in der Franzö­si­schen Revolu­tion entladen hatten, bald den gesamten Kontinent erfassten und im Kampf um die Vorherr­schaft zwischen Frank­reich und Großbri­tan­nien globale Auswir­kungen gewannen. Die hohen… Weiterlesen

  • „Der Dom ist das bedeu­tendste Baudenkmal Braun­schweigs“

    „Der Dom ist das bedeu­tendste Baudenkmal Braun­schweigs“

    Die herausragenden Kirchen im Braunschweiger Land, Teil 1: Vor 850 Jahren wurde der Grundstein für die Stiftskirche von Heinrich dem Löwen gelegt. Weiterlesen