Ein Gewinn für die Städte
Neue Mitte in Berlin wie in Braunschweig durch Wiederaufbau des Schlosses, aber hier wie da ist innen keine Originalität möglich.
Bei einer eindrucksvollen Veranstaltung im vollbesetzten Foyer des Landesmuseums zeigte sich erneut viel an Übereinstimmung zwischen Berlin und Braunschweig in Sachen Wiederaufbau der jeweiligen Schlösser. Und zugleich wurden die Unterschiede deutlich. Gemeinsam gilt für beide Städte, dass der jeweilige Wiederaufbau ein großer städtebaulicher und politischer Gewinn für die jeweilige Stadt ist oder sein wird. Darin stimmten der Präsident der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz, Dr. Gert Hoffmann, und der Initiator des Wiederaufbaus des Berliner Schlosses und Geschäftsführer des Fördervereins Berliner Schloss e. V., Wilhelm von Boddien, überein.
Im Landesmuseum ist bis zum 19. April die Wanderausstellung „Was für ein Schloss! Das Berliner Schloss – Humboldtforum“ zu sehen und wird bei den schlossbegeisterten Braunschweigerinnen und Braunschweigern auf große Resonanz stoßen.
Dr. Heike Pöppelmann, Direktorin des Landesmuseums, stellte in ihrer Begrüßung zur Ausstellung den Zusammenhang von Geschichtsbewahrung und architektonischer Rekonstruktion her. Für sie sind wieder aufgebaute Stadtschlösser wie in Braunschweig oder künftig auch in Berlin, Depots gebauter Erinnerung.
Die Museumsdirektorin rückte auch bürgerschaftliches und Stiftungsengagement für Schlösser in den Fokus. Sie benannte dafür als Beispiele die Finanzierung der Quadriga auf dem Braunschweiger Schloss durch die Richard Borek Stiftung, die große Spendenbereitschaft aus der Bevölkerung für die Fassadenrekonstruktion des Berliner Stadtschlosses. Die Rekonstruktion in Berlin mit dem Humboldt-Forum nannte Dr. Pöppelmann das gegenwärtig aufregendste Kulturprojekt Deutschlands.
Der frühere Braunschweiger Oberbürgermeister, Dr. Gert Hoffmann, erinnerte an die heftige Kontroverse in Bezug auf die Braunschweiger Rekonstruktion und den großen Widerstand, den er zunächst zu überwinden hatte. Heute sei das Residenzschloss aus der Mitte der Stadt gar nicht mehr wegzudenken. Seinerzeit habe Wilhelm von Boddien der Braunschweiger Debatte gute Impulse und Ratschläge gegeben. Auf ihn ist die Anregung zurückzuführen, nur wenig Kaufhaus in das Schloss zu bringen und stattdessen mehr öffentliche Nutzungen und auch einige originalgetreue Räume. Daraufhin habe er zusammen mit den Braunschweiger Schlossfreunden die Unterbringung von Stadtbibliothek, Stadtarchiv, Öffentlicher Bücherei und Kulturinstitut initiiert. Das habe bekanntlich die mittlerweile sehr hohe Akzeptanz des Welfenschlosses in Braunschweig gefördert, so Dr. Hoffmann.
Von der anhaltend kontroversen Debatte auch in Berlin, berichtete von Boddien in seinem informativen und unterhaltsamen Vortrag. Von Boddien erläuterte ausführlich die Konzeption des „Humboldt-Forums“ und war sich sicher, dass Schloss und Humboldt-Forum von 2019 an wieder der Mittelpunkt Berlins sein werden und der Stadt endlich ihr „Gesicht zurückgegeben“ werde. Bekanntlich hatte die SED das kriegsbeschädigte Schloss 1950 abreißen lassen und an seine Stelle den „Palast der Republik“ gesetzt. Der aber ist längst abgerissen, und mittlerweile Platz gemacht für das schon dem Richtfest entgegen strebende neue, alte Berliner Schloss.
Von Boddien räumte ein, dass es auch in Berlin ein Tauziehen zwischen den dortigen Schlossfreunden und den Finanziers (in diesem Falle Bund und Land) um äußere Gestalt und inneres Aussehen gegeben habe. Man habe auch seitens des Fördervereins Kompromisse eingehen und auf historisierende Räume wie im Braunschweiger Schlossmuseum verzichten müssen. Späteren Generationen jedoch sei in diesem Punkt ein Nachholen möglich.
Auch Dr. Hoffmann hatte an Kompromisse zwischen der Stadt und dem Braunschweiger Finanzier (ECE) erinnert. Als eine „schmerzhafte Folge“ damaliger Kompromisse sehe er seit langem den Eingangsbereich hinter dem Portikus an. Es wäre sehr wünschenswert, wenn dieser mittelfristig auch einmal wieder in Richtung einer weitgehend originalgetreuen Rekonstruktion umgebaut werden könnte. Dazu bedürfe es aber wie in Berlin privater Förderer, bürgerschaftlichen Engagements und auch öffentlicher Mittel. In Braunschweig wie in Berlin sei gewiss das letzte Wort über die endgültige Gestalt der jeweiligen Schlösser in der Geschichte noch nicht gesprochen.
Info: http://berliner-schloss.de/
Ausstellung: Braunschweigisches Landesmuseum vom 26. März bis 19. April 2015, Burgplatz 1, 38100 Braunschweig, Eintritt frei