Städte­bau­liche Wunde geschlossen

Bei der Grundsteinlegung für die Schloss-Arkaden legte Oberbürgermeister Dr. Gert Hoffmann (3. von rechts) einen Stadtplan und Baupläne in eine Kupferkapsel, die in den Grundstein eingemauert wurde. Von links: Jens-Ulrich Maier (ECE-Geschäftsführer Bau), Polier Joachim Schneider, Regina Joppien (ECE-Projektleiterin), Gerd Seitz (ECE-Geschäftsführer Objektentwicklung), Dirk Meiwirth (CSAM), Stephan Kugel (ECE-Geschäftsführer Centermanagement) und Stadtbaurat Wolfgang Zwafelink. Foto: Stadt Braunschweig
Bei der Grundsteinlegung für die Schloss-Arkaden legte Oberbürgermeister Dr. Gert Hoffmann (3. von rechts) einen Stadtplan und Baupläne in eine Kupferkapsel, die in den Grundstein eingemauert wurde. Von links: Jens-Ulrich Maier (ECE-Geschäftsführer Bau), Polier Joachim Schneider, Regina Joppien (ECE-Projektleiterin), Gerd Seitz (ECE-Geschäftsführer Objektentwicklung), Dirk Meiwirth (CSAM), Stephan Kugel (ECE-Geschäftsführer Centermanagement) und Stadtbaurat Wolfgang Zwafelink. Foto: Stadt Braunschweig

Vor zehn Jahren wurde der Grund­stein für Schloss und Schloss-Arkaden gelegt.

Es ist vor allem deswegen ein erinne­rungs­wertes Datum, weil die damalige politi­sche Kontro­verse so heftig war, wie sie die Stadt in ihrer jüngeren Geschichte bisher nicht kannte. Vor genau zehn Jahren fand die Grund­stein­le­gung für die Schloss-Rekon­struk­tion und das Einkaufs­zen­trum Schloss-Arkaden statt. Es war keine offene Veran­stal­tung.  Es waren lediglich rund 300 Gäste geladen. Dabei hätte es ein Freuden­fest für die ganze Stadt werden können, im Rückblick sogar werden müssen. Aber die verbis­sene Debatte damals hatte zu tiefe Gräben gerissen und machte das unmöglich.

Heute gibt es kaum noch beken­nende Gegner vom damals so genannten ECE-Projekt. Die Kaufmann­schaft die sehr skeptisch und teilweise schroff ablehnend war, profi­tiert heute zu großen Teilen von der Ansied­lung. Braun­schweig ist Nieder­sach­sens Einkaufs­stadt Nr. 1 geworden.

Das Schloss und die Schloss-Arkaden wirken heute so, als hätten sie schon immer dort als Ensemble gestanden. Sie wirken nicht überdi­men­sio­niert, fügen sich ein. Das Schloss ist eine der touris­ti­schen Attrak­tionen geworden, steht heute in der Gunst der Gäste kaum hinter dem Burgplatz. Den Schloss­park jeden­falls sehen die meisten rückbli­ckend nur als bloße Interims­lö­sung zwischen Schloss-Abriss 1960 und Schloss-Wieder­aufbau, vielleicht haben einige noch schöne Jugend­er­in­ne­rungen, aber das war es auch. Längst gehen viele von denen, die auf dem Höhepunkt der  Ausein­an­der­set­zung eine Menschen­kette um den Bauzaun gebildet hatten, selbst gerne  ins Schloss, nutzen Stadt­bi­blio­thek und Stadt­ar­chiv oder das Angebot in den Geschäften der Schloss-Arkaden.

Es war der 2. November 2005 als der damalige Oberbür­ger­meister Dr. Gert Hoffmann in seiner Ansprache während der Grund­stein­le­gung die Symbolik des Schlosses für Braun­schweig mit jener der Frauen­kirche für Dresden verglich. In beiden Fällen würden städte­bau­liche Wunden geschlossen. Hoffmann sprach für sich persön­lich von einem Tag der Genug­tuung nach dem schwie­rigen juris­ti­schen Hinder­nis­lauf bis zur Reali­sie­rung und für Braun­schweig von einem Tag der Freude.

In einer schrift­li­chen Mittei­lung ließ er mitteilen: „Die Grund­stein­le­gung für die Schloss-Arkaden ist ein wichtiger Schritt für die Entwick­lung Braun­schweigs. Die Stadt hat mit dem Projekt der ECE eine Initi­al­zün­dung ausgelöst. Schon jetzt lässt sich erkennen, dass sich daran eine Ketten­re­ak­tion anschließt: In Braun­schweig wird wieder in neue Geschäfts­häuser inves­tiert – nicht nur am Bohlweg, sondern auch am Damm. Weitere Projekte zeichnen sich bereits ab.“

Und weiter meinte Hoffmann damals: „Ich bin stolz darauf, dass diese umfas­sende Aufwer­tung der Innen­stadt in einer Zeit äußerst knapper kommu­naler Finanzen gelungen ist, ohne dass der städti­sche Haushalt mit einem Cent belastet wurde. Die Stadt hat dazu nur Ideen, Kreati­vität und ein wirtschaft­lich sonst nicht verwert­bares Grund­stück einge­bracht. Besonders freue ich mich, dass das Residenz­schloss wieder aufgebaut wird. Es erinnert an die Geschichte des früher selbstän­digen Landes Braun­schweig und berei­chert das Stadtbild.“

Auch als Einkauf­stadt werde Braun­schweig mit den Schloss-Arkaden eine neue Anzie­hungs­kraft vor allem auf Besucher aus dem Umland, aber auch aus anderen Teilen Deutsch­lands entwi­ckeln“, so Hoffmann damals. Heute kann festge­stellt werden: Mit Schloss und Schlos­s­ar­kaden inklusive flossen seither, so schätzen Experten, rund 500 Millionen Euro in die Aufwer­tung der Innen­stadt. Es entstanden das Schlosscarree, neue Kaufhäuser am Damm und am Kattrep­peln. Zuletzt wurde der City-Point saniert und als Top-Einkaufs­adresse gesichert.

In der damaligen Presse­mit­tei­lung der Stadt erklärte Stadt­baurat Wolfgang Zwafelink: „Mit der Entschei­dung von ECE, in Braun­schweig die Schloss-Arkaden zu bauen, hat sich für die Stadt die äußerst seltene Chance ergeben, Bausünden aus der Nachkriegs­zeit mit privat finan­ziertem Millio­nen­auf­wand zu korri­gieren und das Stadtbild gestal­te­risch erheblich aufzu­werten.“

Mit dem neuen Bohlweg erhalte Braun­schweig endlich eine Straße mit großzü­gigem Boule­vard­cha­rakter. Im Zusam­men­hang mit der Neuge­stal­tung der Mitte Braun­schweigs würden aber nicht wie sonst üblich allein Bereiche rund um das Baugrund­stück neu gestaltet. Es würden auch die wichtigen Verbin­dungen zur histo­ri­schen Innen­stadt, in der der neuge­stal­tete Kohlmarkt einen wichtigen Anzie­hungs­punkt bilde, aufge­wertet. Dem Investor sei auch ein Kompli­ment zu machen, dass er mit dem Neubau in Braun­schweig anspruchs­volle Archi­tektur verwirk­liche, die als Sieger aus einem inter­na­tio­nalen Wettbe­werb mit renom­mierten Archi­tek­ten­büros hervor­ge­gangen ist.

Stephan Kugel, ECE-Geschäfts­führer Center­ma­nage­ment, meinte damals während der Grund­stein­le­gung: „“Es gehört nicht viel Phantasie dazu, sich vorzu­stellen, dass viele Besucher nach Braun­schweig kommen werden, um das wieder­erstan­dene Schloss zu besich­tigen.” Er sprach von einer attrak­tiven Kombi­na­tion aus Historie und Einzel­handel.

Von der SPD-Ratsfrak­tion war seiner­zeit nur die mittler­weile verstor­bene Inge Kükelhan gekommen. Die Grünen blieben der Grund­stein­le­gung ganz fern. „Die Grund­stein­le­gung ist wahrlich kein Grund zum Feiern. Im Gegenteil: Das ECE-Center ist und bleibt aus kultur­ge­schicht­li­cher, städte­bau­li­cher und wirtschafts­po­li­ti­scher Sicht unsinnig. Gegen den Wider­stand großer Teile der Bürger­schaft wurde der Schloss­park zerstört. Bundes­weit wird Braun­schweig für die Verbin­dung von Shopping-Mall und Schloss­fas­sade heftig kriti­siert. Positives Stadt­mar­ke­ting sieht anders aus“, wurde die damalige Frakti­ons­vor­sit­zende der Grünen, Gisela Witte, von der Braun­schweiger Zeitung zitiert.

Für den damaligen CDU-Frakti­ons­chef Wolfgang Sehrt war es dagegen ein „histo­ri­scher Tag”. Die Entschei­dung für die Schloss-Arkaden sei der Grund­stein für die Aufbruchs­stim­mung in Braun­schweig gewesen, die immer mehr an Rasanz zunehme. Die damalige CDU/FDP-Mehrheit hatte das Projekt nur mit der Stimme des damaligen Oberbür­ger­meis­ters hauchdünn durch­ge­setzt.

Video zum Schloss: https://www.der-loewe.info/braunschweigische-spaziergaenge/

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